Mehr rechte Übergriffe in Thüringen

Kirchliche Initiative präsentiert Statistik

  • Lesedauer: 2 Min.
Als Neonazis vor gut einem Jahr eine Feier in Ballstädt stürmten, wurden zehn Menschen verletzt. Dies war nur ein Angriff mit rechtem Hintergrund - von mindestens 58 im vergangenen Jahr.

Erfurt. Rechtsextreme Angriffe haben in Thüringen nach Zählung der Hilfseinrichtung Ezra 2014 um knapp ein Drittel zugenommen. Im vergangenen Jahr habe es im Freistaat mindestens 58 Übergriffe mit insgesamt 106 Opfern gegeben, teilte die Initiative der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland am Mittwoch in Erfurt mit. »Das ist die zweithöchste Zahl, die Ezra bis jetzt verzeichnet hat«, sagte die stellvertretende Projektkoordinatorin Christina Büttner. Die Opferberatung zählt Gewalttaten seit 2011 - nur 2012 sei die Zahl mit 73 Angriffen höher gewesen als vergangenes Jahr.

»Alarmierend ist, dass insbesondere rassistisch motivierte Angriffe in den vergangenen beiden Jahren zugenommen haben«, sagte Büttner. Bei fast der Hälfte aller Opfer hatten die Taten einen rassistischen Hintergrund, in 29 Fällen richtete sich die Gewalt gegen Mitglieder anderer Parteien, der Antifa oder Angehörige von Bürgerbündnissen.

Als Tat mit der größten Opferzahl rage der Angriff von Neonazis in Ballstädt (Kreis Gotha) Anfang Februar 2014 heraus, erklärte Büttner. Eine Gruppe Rechtsextremer hatte dort die Feier eines Kirmesvereins gestürmt und zehn Menschen verletzt. Über eine Anklage ist mehr als ein Jahr nach dem Angriff noch nicht entschieden.

Bei der Verteilung der Angriffe zeigt sich ein Stadt-Land-Gefälle: Allein in den Zentren Erfurt, Weimar, Gera und Jena wurde die Hälfte aller registrierten Taten begangen. Dagegen verzeichnete Ezra in den ländlichen Gebieten nur vereinzelte Übergriffe. Es sei aber von einer hohen Dunkelziffer auszugehen. Das Thüringer Innenministerium nannte zunächst keine eigenen Zahlen zur rechten Gewalt, verwies aber auf eigene Statistiken zur politisch motivierten Kriminalität, die im März vorgestellt werden sollen.

Gemessen an anderen ostdeutschen Ländern sei die Zahl der gezählten Angriffe allerdings gering, sagte Büttner. In diesen Ländern sei der Austausch zwischen Polizei und Initiativen aber auch intensiver, sodass dort möglicherweise mehr Fälle erfasst würden. Zudem bemängelte Büttner, dass vielen Opfern vor allem in ländlichen Gegenden nicht bekannt sei, dass es Initiativen wie Ezra gebe. Zu selten informiere die Polizei Betroffene über die Möglichkeiten der Opferhilfe. dpa/nd

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