Krisengespräch ohne Ergebnis
Sondertreffen mit Tsipras beim EU-Gipfel zum Finanzstreit Griechenlands mit europäischen Gläubigern
Berlin. Die Zeit läuft, doch Entscheidungen über die Zukunft Griechenlands im Euroraum dürfe man nicht erwarten, lautete die Botschaft aus Brüssel unmittelbar vor Beginn des EU-Gipfels und eines Sondertreffens, das Athen eingefordert hatte. »Ich kann zusichern, dass dieses informelle Treffen kein entscheidendes Treffen sein wird«, sagte EU-Ratspräsident und Gastgeber Donald Tusk. Dafür gebe es andere Formate als die Gesprächsrunde, die nach dem Abendessen beginnen sollte. Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras wollte dabei mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Präsident François Hollande, Tusk, Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem sowie dem Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, zusammenkommen.
Die Einberufung des Krisentreffens stieß beim belgischen Regierungschef auf Kritik. »Ich glaube, dass diese Initiative ein Problem darstellt«, sagte der belgische Ministerpräsident Charles Michel. Er habe am Mittwochabend angewiesen, Beschwerde beim EU-Ratspräsidenten einzulegen.
»Es bleibt ein sehr schwerer Weg zu gehen«, sagte Merkel in ihrer Regierungserklärung am Donnerstagmorgen. Sie drängte erneut auf sogenannte Strukturreformen in Griechenland und einen »stabilen Haushalt«. Wie sie dies vorantreiben will, ließ Merkel offen und verwies auf den Besuch von Tsipras am Montag in Berlin. »Wir werden dann Zeit haben, ausführlich miteinander zu reden, vielleicht auch zu diskutieren.« Eine klare Ansage kam dagegen von der stellvertretenden Vorsitzenden der Linksfraktion im Bundestag, Sahra Wagenknecht: »Helfen Sie der griechischen Regierung, das Geld von den internationalen Banken und der griechischen Oberschicht wieder einzutreiben.«
Wie prekär die Finanzlage Athens derzeit ist, verdeutlichten mehrere Aussagen. So räumte der griechische Vize-Regierungschef Giannis Dragasakis ein »Liquiditätsproblem« seines Landes ein. »Sie lassen uns nicht regieren«, kritisierte Dragasakis. Ebenfalls am Mittwochabend wurde bekannt, dass die Gespräche zwischen der griechischen Regierung und den Geldgebern vorerst gescheitert seien. Athen zeige keinerlei Kooperationsbereitschaft, berichteten Vertreter von EU-Kommission, EZB und Internationalem Währungsfonds. Überdies meldete die Nachrichtenagentur Bloomberg, Griechenland müsse am Freitag zwei Milliarden Euro an die Investmentbank Goldman Sachs überweisen. Die Summe rühre aus Zinsgeschäften, die 14 Jahre zurückliegen.
Der Ökonom Gustav A. Horn fordert einen Strategiewechsel von der EU. Griechenland benötige »mehr Spielraum bei den Ausgaben für Bezieher niedriger Einkommen und für Investitionen«, sagte der Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung. Horn rechnet fest mit einem dritten Kreditpaket für Griechenland. »Solange die Wirtschaft schrumpft und die Steuereinnahmen sinken, ist ein weiteres Hilfspaket unvermeidlich«, sagte er auf nd-Anfrage. nd/Agenturen Seite 17
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