Dom geht vor Anker

Durch St. Nikolai in Greifswald werden neue Verspannungen gezogen

  • Martina Rathke, Greifswald
  • Lesedauer: 2 Min.

Die Sanierung des in seiner Statik gefährdeten Greifswalder Domes ist in eine neue Phase getreten. Ingenieure und Statiker ziehen derzeit neun Stahlzuganker im Hauptschiff von St. Nikolai ein, um ein weiteres Auseinanderdriften der Süd- und Nordwand zu verhindern. Die neuen rund 16 Meter langen Anker nehmen in etwa 22 Meter Höhe die Last von den historischen Holzankern auf, deren Ankerköpfe marode seien, sagte der Statiker Jens-Uwe Schepler am Donnerstag in Greifswald. Die im 13. Jahrhundert errichtete Backsteinkirche wird seit einem Jahr für rund fünf Millionen Euro aufwendig saniert.

Vor einem Jahr wurde der Zustand der historischen Anker mit Drohnen dokumentiert. »Dabei haben wir festgestellt, dass die 1818 eingezogenen Anker rund zwei Zentimeter breite Risse aufweisen«, sagte Schwepler. Bereits in den Jahrhunderten zuvor müsse der Dom ähnliche Probleme gehabt haben, mutmaßt Schwepler. In den Mauern zeigen sich teilweise meterlange Risse, als besonders gefährdet gilt der Turm. Mit den neuen Ankern im Hauptschiff, die rund einen Meter über den historischen Holzbalken eingezogen werden, soll der gegenwärtige Zustand gesichert werden, betonte Schwepler.

Über Funk steuert Burkhard Stiewe von der Wismarer Firma SHB (Sicherung Historischer Bauwerke) die Arbeiten von der Gerüstbrücke, die sich zwischen den Seitenwänden befindet. An den Außenseiten der Wände wurden sogenannte Platten montiert, durch die die Ankerköpfe der neuen Stahlverspannungen laufen. »Noch etwas mehr Druck«, sagt Stiewe seinen Kollegen, die von außen eine hydraulische Presse bedienen. Mit einer Kraft von 50 Kilonewton (5 Tonnen) werden die Anker verspannt. Dompfarrer Matthias Gürtler, Bauherr der Sanierungsarbeiten, erinnert das Surren an das Verspannen einer Gitarrenseite.

Statische Probleme sind die größte Herausforderung bei historischen Bauwerken. Neben Rissen in den Wänden müssen sich die Wismarer Fachleute häufig mit Fundamentabsenkungen der meist auf Holzpfählen gegründeten Bauwerke beschäftigen, wie Stiewe sagte. Die Wismarer Experten haben bereits in der Himmelfahrtkirche der Auguste-Victoria Stiftung auf dem Jerusalemer Ölberg, im Aachener Dom oder im Tempel des Amun in der Lybischen Wüste tätig. Auch im Doberaner Münster haben die Fachleute statische Sicherungsarbeiten durchgeführt, wie Stewe sagte.

Die größte Aufgabe steht im Greifswalder Dom noch bevor, sagt Dompfarrer Gürtler. Im Turm ziehen sich meterlange Risse durch das Mauerwerk. Die Sanierung des Domes soll möglichst im Lutherjahr 2017 abgeschlossen werden. Bislang wurden von den fünf Millionen Euro knapp drei Millionen verbaut. Der Einbau der Anker ist mit 1,2 Millionen Euro der bislang größte Einzelauftrag. dpa/nd

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