Der Wille unter der Wollmütze

Goethes »Faust« am Theater Rudolstadt

  • Hans-Dieter Schütt
  • Lesedauer: ca. 6.5 Min.

Dieser Mephisto ist teuflisch, tut aber alles, um die Hölle nicht zu diskreditieren. Das ist stark. Das hat nicht mal Stalin geschafft. Hans-Dieter Schütt über Goethes »Faust« am Theater Rudolstadt.

Jüngst stand im Feuilleton dieser Zeitung ein Text, der an die Literatur den lustig lauen Wunsch herantrug, sie möge »realistische Utopien« entwerfen. Was, bitte schön, ist denn das! Realismus und Utopie sind Todfeinde. Das Gefühl für beides ist in uns - und zerreißt uns. Utopie ist: Idee, und Thomas Bernhard hat recht: »Die Idee ist der Wahnsinn.« Muss es sein. Utopie ist das Unerreichbare, das Unerfassliche, das Unbotmäßige - das Zukunftsbild, ohne das wir nicht leben können, ja!, aber doch in aller Bewusstheit, das wir kein Sinnesorgan für Zukunft besitzen. Utopie muss uns übersteigen, sonst ist sie nur ein Produkt von Ideologen, die mit soziologischen oder parteiprogrammatischen Mustern die Literatur aufs Streckbett ihrer schmalen Phantasie spannen.

Realistische Utopien! Bloß nicht. Utopie hat die Pflicht, uns in die Krise, in die Verzweiflung zu treiben. Wir können nicht anders, als unsere Erfahrung immer wieder mit höchs...


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