Grüne wollen Deserteuren helfen

Aufruf von Initiative gegen den Krieg in der Ukraine

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 3 Min.

In diesem Jahr sollen Zehntausende Menschen in die ukrainische Armee eingezogen werden, um im Osten des Landes gegen die sogenannten Separatisten zu kämpfen. Doch es gibt Probleme bei der Rekrutierung. Viele Ukrainer wollen nicht in den Krieg, Tausende haben ihr Heimatland deswegen bereits verlassen. Nun fordern Politiker der Grünen Solidarität mit allen Menschen, die im Ukraine-Konflikt den Kriegsdienst verweigern beziehungsweise desertieren. Dabei geht es auch um Ukrainer, die nicht für die Sache der Separatisten sterben wollen und um junge russische Wehrpflichtige. Sie bräuchten »politische und finanzielle Unterstützung«, heißt es in einem nun veröffentlichten Appell. Darin wird auch gefordert, dass die Bundesregierung den politisch Verfolgten Schutz bietet und sie in Deutschland aufnimmt.

Die Erklärung stammt von der links vom Parteimainstream stehenden Grünen Friedensinitiative. Deren führende Vertreter sind Uli Cremer und Wilhelm Achelpöhler. Zudem wurde der Aufruf unter anderem von den Landtagsabgeordneten Astrid Rothe-Beinlich (Thüringen), Silke Gajek (Mecklenburg-Vorpommern) und Heidi Kosche (Berlin) unterstützt. Die Unterzeichner stehen nicht auf der Seite einer Konfliktpartei. Die »diversen nationalistischen, separatistischen und geopolitischen ›Narrative‹«, die den Krieg umgeben, werden von ihnen zurückgewiesen. Zugleich kritisieren die Grünen-Aktivisten Politiker und Medien in Deutschland, die solchen »Unsinn nachbeten«. Der Forderung nach Waffenlieferungen, welche etwa die Grünen-Bundestagsabgeordnete Marieluise Beck noch vor Kurzem nicht ausschließen wollte, wird eine Absage erteilt.

Mut mache, »dass in der Ukraine Tausende junge Männer in Frieden leben, an dem Gemetzel nicht teilnehmen und ihr Leben nicht riskieren wollen. Deswegen entziehen sie sich der Mobilmachung samt den zugehörigen Musterungen und Einberufungsbescheiden durch Kriegsdienstverweigerung beziehungsweise Desertion.« In dem Appell wird auch die Freilassung des ukrainischen Journalisten und früheren Maidan-Aktivisten Ruslan Kotsaba gefordert, der wegen seines Aufrufs zur Kriegsdienstverweigerung und Desertion in Untersuchungshaft sitzt. Ihm werden Landesverrat und Behinderung der Streitkräfte vorgeworfen. Bei einer Verurteilung drohen Kotsaba bis zu 15 Jahre Haft.

Allerdings ist in dem Aufruf lediglich davon die Rede, dass Kriegsdienstverweigerern mehrjährige Haftstrafen drohten. Die Realität an der Front ist grausamer. Das ukrainische Parlament hatte vor wenigen Wochen eine Verschärfung der Strafmaßnahmen beschlossen. Demnach können Kommandanten im Kriegszustand mit Waffengewalt gegen Soldaten vorgehen, die desertieren oder Befehle verweigern.

Insgesamt wird die ukrainische Regierung aber von der Friedensinitiative deutlich kritischer bewertet als von der Parteiführung der Grünen. Diese setzte sich mit ihrer Linie auch beim Hamburger Bundesparteitag im vergangenen Jahr weitgehend durch. Dort sprachen sich die Grünen zwar für eine friedliche Lösung des Konflikts in der Ukraine aus, bemühten sich aber zugleich, das Vorgehen der Landesstreitkräfte zu rechtfertigen. Die ukrainische Regierung sei zur Verteidigung der Bevölkerung und der staatlichen Souveränität des Landes auch mit militärischer Gewalt gegen die Separatisten vorgegangen, heißt es in einem entsprechenden Beschluss der Partei.

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