Grüne setzen auf Mietenpolitik

Spitzenduo Bettina Jarasch und Daniel Wesener als Berliner Landesvorsitzende eindrucksvoll bestätigt

  • Josephine Schulz
  • Lesedauer: 3 Min.

»Wir sind nicht die besseren Menschen, aber mindestens genauso cool wie diese Stadt. Das kann man von der Großen Koalition nicht behaupten.« So schwört Daniel Wesener seine Parteifreunde auf den Wahlkampf ein. Coolness heißt für die Grünen vor allem Vielfalt. Ihr Slogan: Wir lieben Berliner Mischung.

In punkto Führung setzt die Partei allerdings auf Altbewährtes. Die Vorsitzenden Bettina Jarasch (88,9 Prozent) und Daniel Wesener (91,9 Prozent) wurden auf der Landesdelegiertenkonferenz am Samstag mit riesiger Mehrheit wiedergewählt. Das Duo, das seit 2011 im Amt ist, wird die Berliner Grünen weitere zwei Jahre führen. Die Partei will 2016 mit eigenständigen, grünen Inhalten überzeugen und klare Kante zeigen. Man dürfe sich nicht kleinmachen, aber auch die Gegner nicht unterschätzen, mahnt Wesener. Ein Kernthema im Wahlkampf wird die Wohnungsnot. Hier wollen die Grünen punkten und die SPD als selbst ernannten Anwalt der Mieterinteressen entthronen. »Die schlimme Situation auf dem Wohnungsmarkt ist hausgemacht und trägt eine sozialdemokratische Handschrift«, sagt die Fraktionsvorsitzende im Abgeordnetenhaus, Ramona Pop. Ein Paradigmenwechsel soll her, und zwar mit grüner Handschrift. Auf dem Parteitag legten die Delegierten Leitlinien für ihre künftige Mietenpolitik fest. Sozial, ökologisch und vielfältig soll sie sein, eine Alternative zum Neubauwahn der SPD. Die Grünen wollen 40 Prozent des Wohnungsbestandes gemeinnützigen Zielen verpflichten, ein Quorum für Sozialleistungsbezieher in den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften und mehr Milieuschutzgebiete. Die Maßnahmen der SPD hätten zur Sicherung der Bestandsmieten versagt. Mietpreisbremse, Zweckentfremdungsverbot, Umwandlungsverordnung: Alles zahnlose Tiger, sagt die Fraktionsvorsitzende im Abgeordnetenhaus, Antje Kapek, von der SPD bis zur Unkenntlichkeit abgemildert.

Die Grünen teilen ordentlich aus, vor allem in Richtung Sozialdemokraten. Aber auch Selbstkritik wird geübt: Der Ausverkauf von öffentlichem Wohnraum war ein riesiger Fehler, den haben die Grünen mitgemacht. Und auch die energetische Gebäudesanierung habe sich als Verdrängungsinstrument und Subventionsmaschinerie der Dämmstoffindustrie erwiesen. Nun wollen die Grünen: auf jeden Fall ökologisch, aber nicht zulasten des Sozialen. Keine Luxussanierung durch die Hintertür des Klimaschutzes.

Neben den Mieten standen auch Flüchtlingspolitik und Rassismus auf dem Programm. In Sachen Einwanderungspolitik appellierte der Bundesvorsitzende der Türkischen Gemeinde, Safter Çınar, an die Grünen, sich für einen einfacheren Familiennachzug einzusetzen. Çınar sprach sich auch dagegen aus, in Deutschland geborene und aufgewachsene Jugendliche bei Straffälligkeit auszuweisen. »Es kann doch nicht sein, dass junge Menschen in dritter Generation in Deutschland leben und dann in ein Land geschickt werden, das sie höchstens aus den Ferien kennen.« Die Grünen verabschiedeten eine Resolution »Gemeinsam gegen Rassismus in Berlin«. Sie wollen die aktive Zivilgesellschaft unterstützen und Flüchtlingspolitik »endlich zur Chefsache machen«. Pop forderte, ein Landesdiskriminierungsgesetz einzuführen. »Deutschland ist ein Einwanderungsland, war es schon immer und soll es auch bleiben.«

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