Einstellungsförderung: Lohnkostenzuschüsse sind grundsätzlich vorher zu beantragen

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Selbst wenn der Verlust des Arbeitsplatzes nicht zu verhindern ist, bemühen sich viele ArbeitnehmerInnen, eine Kündigung durch den Arbeitgeber zu vermeiden. Diese wird als Makel in der eigenen Berufsbiografie angesehen. Attraktiver erscheinen Aufhebungsverträge, bei denen das Beschäftigungsverhältnis einvernehmlich beendet wird - erst recht, wenn der Aufhebungsvertrag mit einer Abfindung verbunden ist. Doch vor Aufhebungsverträgen kann nur gewarnt werden. So die Koordinierungsstelle gewerkschaftlicher Arbeitslosengruppen.
Bei Arbeitslosigkeit folgt nämlich dann das böse Erwachen, denn die Arbeitsagenturen verhängen nach Aufhebungsverträgen im Regelfall eine Sperrzeit: Dann gibt es 12 Wochen kein Arbeitslosengeld (ALG) I und die maximale Bezugsdauer des ALG I verkürzt sich zusätzlich um ein Viertel.
Aufhebungsverträge werden genauso gewertet, als würde man eine Stelle ohne wichtigen Grund selbst kündigen. Denn schon die Mitwirkung an der Lösung des Beschäftigungsverhältnisses ist »strafbar«. Das ist bei Aufhebungsverträgen regelmäßig der Fall. Selbst bei einer Kündigung durch den Arbeitgeber können »einvernehmliche Absprachen« vor der Kündigung als »Mitwirkung« am Beschäftigungsende gewertet werden und eine Sperrzeit auslösen. Gleiches gilt bei Absprachen und Verhandlungen über eine Abfindung innerhalb der 3-Wochen-Frist für eine Kündigungsschutzklage.
Bei Aufhebungsverträgen kann nur im Ausnahmefall eine Sperrzeit abgewendet werden. Etwa wenn der Vertrag gar nicht ursächlich für die Arbeitslosigkeit ist (z. B. ein Betriebsteil wäre ohnehin zum gleichen Zeitpunkt stillgelegt worden) oder wenn ArbeitnehmerInnen einen wichtigen Grund für ihr Verhalten haben (z. B. Nachzug zum Ehepartner an einen anderen Ort). 

Statt Aufhebungsvertrag Kündigung
Ist der Arbeitsplatz nicht zu retten, dann kann eine Kündigung mit Abfindungsangebot nach § 1a Kündigungsschutzgesetz (KSchG) die bessere Alternative zum Aufhebungsvertrag sein: Nach dieser seit dem 1.1.2004 geltenden Vorschrift erhalten ArbeitnehmerInnen eine Abfindung (halber Monatsverdienst pro Beschäftigungsjahr) wenn,
- der Arbeitgeber kündigt und sich auf betriebliche Erfordernisse nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG beruft,
- der Arbeitgeber in der Kündigung schriftlich darauf hinweist, dass der Arbeitnehmer eine Abfindung beanspruchen kann, wenn er keine Kündigungsschutzklage erhebt und
- der Arbeitnehmer tatsächlich nicht klagt und die Kündigung somit akzeptiert.
Bei diesem Vorgehen ist eine Sperrzeit nicht zulässig. Denn der Arbeitnehmer hat nicht an seinem Beschäftigungsende mitgewirkt, sondern es nur hingenommen.
Arbeitgeber können Lohnkostenzuschüsse - so genannte Eingliederungszuschüsse (EZ) - erhalten, wenn sie Arbeitslose mit einem Vermittlungshemmnis neu einstellen. Zwar wird kein Arbeitgeber alleine wegen eines EZ einen Arbeitsplatz schaffen. Aber: Wenn die Entscheidung auf Messers Schneide steht, kann ein solcher Zuschuss vielleicht das entscheidende Argument sein. Und: Im Einzelfall kann ein Zuschuss helfen, einen Bewerber, dessen Chancen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt besonders schlecht stehen, vorzuziehen. Deshalb sollten die möglichen Eingliederungszuschüsse im »Betrieb« bekannt sein. Die gibt es für:
- schwer vermittelbare Arbeitslose (§ 218 Abs. 1 SGB III; insbesondere gering Qualifizierte; Jüngere, nach einer außerbetrieblichen Ausbildung; Berufsrückkehrerinnen);
- ältere Arbeitslose ab 50 Jahren (§ 421f Abs. 1 u. 3 SGB III). 

Förderdauer beträgt zwölf Monate
Die Zuschusshöhe beträgt in in beiden Fällen bis zu 50 % des Brutto-Arbeitsentgelts einschließlich (pauschalisiertem) Arbeitgeberanteil zu den Sozialversicherungsbeiträgen. In der Praxis gewähren die Arbeitsagenturen oftmals Zuschüsse in der Größenordnung 25-30 %, um die Kosten pro Förderung zu minimieren.
Die Förderdauer beträgt maximal 12 Monate bei schwer Vermittelbaren und bis zu 36 Monate bei Älteren, wobei der Zuschuss im zweiten und dritten Jahr jeweils um 10 Prozentpunkt vermindert wird. Darüber hinaus gibt es noch besondere EZ für behinderte Arbeitnehmer.
Ganz wichtig ist: Der Arbeitgeber muss den Eingliederungszuschuss vor der Einstellung beantragen. Zuschüsse sind gleichzeitig für mehrere Neueinstellungen möglich.
Einen Zuschuss gibt es nicht, wenn der Neu-Einzustellende bereits in den letzten vier Jahren mehr als drei Monate versicherungspflichtig beim Arbeitgeber beschäftigt war oder ein anderes Beschäftigungsverhältnis beendet wird, um die Förderung zu erhalten.
Oftmals scheuen Arbeitgeber vor der »Nachbeschäftigungszeit« zurück. Dies ist aber vielfach unbegründet. Zwar muss der Eingliederungszuschuss eigentlich teilweise zurückgezahlt werden, wenn die Beschäftigungsdauer doppelt so lange anhält wie die Förderphase an sich.
Diese Rückzahlungspflicht gilt aber grundsätzlich nicht bei der Einstellung von Älteren ab 50 Jahren, bei Kündigungen aus dringenden betrieblichen Erfordernissen oder aus in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen und auch nicht, wenn der Arbeitnehmer selbst kündigt.

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