Werbung

Hungerstreik auf Russlands Kosmosbahnhof

  • Lesedauer: 2 Min.
Russlands neuer Weltraumbahnhof Wostotschny soll für einen technischen Aufbruch stehen. Doch die Arbeiten auf der größten Baustelle des Landes geraten immer wieder ins Stocken.

Wostotschny. Hungerlöhne oder gar kein Geld: Die Arbeiter auf der Großbaustelle von Russlands Weltraumbahnhof Wostotschny haben oft Grund zum Klagen. »Das Gehalt ist gering und kommt selten pünktlich, außerdem sind die Bedingungen hart«, sagt einer der Männer 8000 Kilometer östlich von Moskau. Die Stimmung auf der wichtigsten Baustelle des Landes gilt seit langem als angespannt, aber so schlecht wie derzeit sei sie noch nie gewesen, meint die Zeitung »Moskowski Komsomolez«.

Erst mit einem Hungerstreik konnten Arbeiter jetzt erzwingen, dass ihr seit Jahresbeginn ausstehendes Gehalt ausgezahlt wird. Die Probleme werfen einen Schatten auf Russlands ehrgeizige Pläne. Gut ein halbes Jahrhundert nach dem historischen Flug von Juri Gagarin 1961 soll das Kosmodrom am Amur für einen technischen Aufbruch stehen. Von hier aus will die Raumfahrtgroßmacht erstmals einen Kosmonauten zum Mond schicken, Jahrzehnte später soll eine Marsmission folgen. Mit Wostotschny will sich die stolze Raumfahrtnation auch unabhängig machen vom Weltraumbahnhof Baikonur in Kasachstan. Russland hat das dortige Areal nur gepachtet und zahlt der zentralasiatischen Ex-Sowjetrepublik jährlich 115 Millionen US-Dollar. Mehr als ein Drittel aller Raumflüge weltweit hob 2014 von Baikonur ab.

Knapp fünf Jahre nach Baubeginn ist der Fortschritt in Wostotschny unübersehbar. Stahlgerippe zahlreicher Rampen ragen in die Höhe, Straßen sind gebaut und Leitungen verlegt, wie Fotos zeigen. Aber auch Negativschlagzeilen reißen nicht ab. Der Rechnungshof beklagt, dass Staatsgeld in Millionenhöhe unauffindbar seien. Ein früherer Bauleiter sitzt wegen des Verdachts auf Unterschlagung in Haft. Und um das Kosmodrom pünktlich fertigzustellen, würden Tausende Fachkräfte fehlen, meinen Experten.

Regierungschef Dmitri Medwedjew forderte seinen Vize Dmitri Rogosin auf, sich persönlich um die Probleme in Fernost zu kümmern. Es gehe um ein Prestigeprojekt. Wostotschny sei nicht nur »das Tor zum Kosmos«, so Medwedjew - sondern auch »das Schaufenster für ein modernes Russland«. Bei einem Besuch der Baustelle legte Rogosin den Lohnstreit zunächst bei. Vorher hatte er gewarnt, der Staat bestrafe »Saboteure« hart: »Ich reiße jedem den Kopf ab, der auch nur einen Rubel vom Kosmodrom stiehlt.«

Rogosin ordnete eine Erhöhung der Arbeiterzahl von 5700 auf mehr als 7000 an. Zudem sollen Hunderte Studenten auf der Baustelle an der chinesischen Grenze »wertvolle Fachpraxiserfahrungen« sammeln, so Leonid Stawizki vom Bauministerium. dpa/nd

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal