Brückenschlag bei Neak Luong

Kambodschas längste Mekong-Überquerung wurde vor dem Khmer-Neujahr an geschichtsträchtigem Ort eingeweiht

  • Detlef D. Pries
  • Lesedauer: 3 Min.
In Kambodscha wurde jetzt die längste Brücke über den Mekong eingeweiht. Sie erleichtert den Weg vom Süden Vietnams nach Phnom Penh erheblich.

Kambodschas Nationalstraße Nr. 1 verbindet die Hauptstadt Phnom Penh mit der südvietnamesischen Metropole Ho-Chi-Minh-Stadt. Eine Lebensader für Handel und Tourismus. 60 Kilometer östlich von Phnom Penh allerdings stockte der Verkehr bisher: Das Asphaltband tauchte in den Mekong. Wer Südostasiens größten Strom überqueren wollte, musste auf eine der vier bejahrten Fähren warten, die zwischen den Ufern pendelten. Bei großem Andrang - vor Feiertagen wie dem Khmer-Neujahr Chaul Chnam Thmey - führte das zu stundenlangem Aufenthalt. Dutzende fliegende Händler nutzten die Gelegenheit, den Wartenden Speisen und Getränke anzubieten - und damit ihren Lebensunterhalt zu verdienen.

Ein anderes Bild wird sich dem Reisenden bieten, wenn am Montag das dreitägige Neujahrsfest der Khmer beginnt, das traditionell das Ende der Erntesaison vor Beginn der Regenzeit markiert, denn eine Woche vor dem Fest wurde Kambodschas längste Brücke offiziell eröffnet. Nach gut vierjähriger Bauzeit spannt sich das mit Zu- und Abfahrten mehr als zwei Kilometer lange Bauwerk über den Mekong. Weithin sichtbar sind die zwei mächtigen Pylonen der »Tsubasa«, wie das Bauwerk getauft wurde. Der Name ist japanisch und bedeutet »Vogelschwingen«. Er erinnert nicht nur an die äußere Gestalt der Brücke, sondern auch an den Spender: Japans Regierung sponserte den Bau mit 127 Millionen Dollar.

Tokios Botschafter Kumamaru Yuji gab in einem Interview für die »Phnom Penh Post« zu, dass sich die Fertigstellung der Brücke wegen »einiger Schwierigkeiten« verzögert habe. Unter anderem hätten Blindgänger von der Baustelle beseitigt werden müssen - eine Hinterlassenschaft des Indochina-Krieges. In der Nacht vom 5. zum 6. August 1973 war der Ort Neak Luong am östlichen Mekong-Ufer von der USA-Luftwaffe mit 20 Tonnen Bomben eingedeckt worden. Der Angriff forderte nach damaligen Meldungen 137 Todesopfer. 268 Kambodschaner wurden verwundet, Neak Luong wurde schwer zerstört. Im offiziellen Tageskommuniqué des US-Oberkommandos hieß es lakonisch: »Ein Bombenfehlwurf bei Neak Luong verursachte einige Personen- und Sachschäden.«

Jahre später hatte die Natur die Kriegswunden überwuchert. Neak Luong war in den 80er Jahren wieder zu einem quirligen Handelsplatz geworden. Auf dem Markt drängten sich Stand an Stand, Hütte an Hütte. Ob das so bleibt, wenn der Verkehr ohne Unterbrechung über die Brücke rauscht, daran hegt mancher in Neak Luong berechtigte Zweifel. Während die Fährkapitäne darauf hoffen, künftig an anderen Überfahrtstellen des langen Stroms eingesetzt zu werden, müssen sich die fliegenden Händler wohl einen anderen Brotverdienst suchen. Obwohl ihnen versichert wird, dass die Brücke selbst etliche Neugierige anziehen wird.

Kambodschas Ministerpräsident Hun Sen, seit 30 Jahren im Amt und bei jeder Einweihungszeremonie zur Stelle, sieht freilich seinen Traum verwirklicht. Die Brücke werde die Entwicklung der Region und ganz Kambodschas begünstigen, sagte er, bevor er das obligatorische rote Band durchschnitt. »Künftig braucht das kambodschanische Volk nicht mehr zu warten«, kündigte er vieldeutig an. Als Teil eines Transportkorridors, der von Vietnam über Kambodscha, das thailändische Bangkok bis nach Myanmar führen soll, kann die Brücke bei Neak Luong jedenfalls dem intensiveren wirtschaftlichen Austausch zwischen den Staaten Südostasiens dienen.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal