Verirrt im »Lebenspark« Alt-Rehse

Gericht verurteilt Betreiber eines alternativen Wohnprojekts bei Neubrandenburg

  • Lesedauer: 2 Min.
Seit Jahren gab es Streit um das alternative Wohnprojekt »Lebenspark« bei Neubrandenburg. Jetzt wurde ein Urteil gesprochen.

Neubrandenburg. Die Betreiber des gescheiterten alternativen Wohnprojekts »Tollense-Lebenspark« Alt Rehse im Kreis Mecklenburgische Seenplatte sind zu einer Bewährungsstrafe von sechs Monaten und einer Geldstrafe verurteilt worden. Das Amtsgericht Neubrandenburg sprach den 57-jährigen Hauptangeklagten am Dienstag des Kreditbetrugs und der Urkundenfälschung schuldig, seinen 53 Jahre alten Bruder der Insolvenzverschleppung. Zuvor hatten die Männer aus Bayern, die die Gemeinschaft 2006 gegründet hatten, Geständnisse abgelegt. Richterin Tanja Krüske bezeichnete den 57-Jährigen als »jemanden, der Wasser predigt, aber selbst Wein trinkt«.

Der »Lebenspark« sorgte für Aufsehen, weil in dem 64 Hektar großen Park Alt Rehse in der NS-Zeit die »Führerschule der deutschen Ärzteschaft« untergebracht war. Um die Zukunft des wegen seiner Geschichte sensiblen Geländes gab es nach 1990 lange Streit. Der Bund übernahm die Immobilie und verkaufte sie an den Geschäftsmann Gerd Preissing aus Bayern. Dieser verpachtete den Park an die jetzt beschuldigten Brüder, die mit dem »Tollense-Lebenspark« einen alternativen Gegenentwurf zur Gesellschaft leben wollten. Sie sollen aber die vereinbarte Summe nie bezahlt haben.

Im Prozess wurde deutlich, dass das 2014 endgültig gescheiterte Projekt von Anfang an unter Geldmangel litt, wie Gutachter belegten. »Wir wollten in dieser Welt des Finanzkapitalismus die alternative Lebensform des Artabana umsetzen«, sagte der Hauptangeklagte. Dabei schafft sich eine Gemeinschaft unter anderem eine autarke eigene Währung und Versicherung und koppelt sich von der Gesellschaft ab. Als 2011 aber die Bank die nächste Kreditrate nur gegen weitere Bürgschaften herausgeben wollte, habe er sechs Unterschriften von Freunden gefälscht: »Damals sah ich keinen anderen Weg.« Inzwischen hat der Eigentümer die Betreiber per Gericht vom Parkgelände verwiesen. Was aber aus dem Gelände wird, gilt derzeit als unklar. »Solch ein Gelände gehört in öffentliche Hand«, hat der Bürgermeister von Penzlin, wozu Alt Rehse gehört, Sven Flechner (parteilos) bereits gefordert. dpa/nd

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