Feind meines Feindes

Debatte über Russland in der Linkspartei

  • Lesedauer: 3 Min.

In der Linkspartei geht vor dem Bielefelder Parteitag die Debatte über die Außenpolitik weiter. Ein Punkt: die Initiative zu einer Weltfriedenskonferenz unter Führung des früheren sowjetischen Staatschefs Michael Gorbatschow.

Die verteidigungspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Christine Buchholz, lehnte den Vorstoß ab. Im Kern ziele das vom sich links verortenden Flügel formulierte Begehr »auf eine Positionierung der Partei Die Linke an der Seite Putins Russland ohne auch nur im Ansatz die dortige Hochrüstungspolitik und Militarisierung zu benennen«, so Buchholz in einer gemeinsamen Erklärung mit dem Neuköllner Bezirkspolitiker Klaus-Dieter Heiser.

Auch die Bezugnahme auf Gorbatschow stößt bei Buchholz, die dem geschäftsführenden Linken-Vorstand angehört und selbst zum linken Flügel gerechnet wird, auf Kritik. Die heutige Bedeutung des früheren sowjetischen Spitzenpolitikers reduziere sich darauf, »dass er in Deutschland von Springerpresse und Konservativen hofiert wird. In Russland hat er sich in den letzten Monaten gerade mehrfach hinter Putin gestellt.« Damit habe Gorbatschow den Spielraum für die ohnehin »marginalen linken, antimilitaristischen Kräfte« in Russland verkleinert.

In dem als Offener Brief formulierten Antrag wird das Agieren der USA und der NATO vor allem gegen Russland kritisiert und Gorbatschow »die internationale Koordinierung des Widerstandes gegen diese brandgefährliche, extrem abenteuerliche Politik« angetragen. Verwiesen wird etwa auf das Vorrücken des nordatlantischen Pakets in Richtung Russland und die Rolle des Westens im Ukraine-Konflikt. Das Papier war aber auch als Kritik an zu großer Offenheit für ein rot-rot-grünes Bündnis verstanden worden.

In diese Richtung hat sich nun auch der Ältestenrat der Linkspartei geäußert. Auf dem Bielefelder Parteitag sollten »unsere friedenspolitischen Positionen« bekräftigt, »›Kompromisse‹ für eine vermeintliche Regierungsfähigkeit« hingegen »ausgeschlossen werden«. Man müsse »von einer neuen Etappe der imperialistischen Politik zur Neuaufteilung der Einflusssphären, der Ressourcen und der Absatzmärkte in der Welt und in Europa« ausgehen.

Welche Staaten dabei welche rolle spielen, führt derweil auch zu Diskussionen. Während im Leitantrag des Parteivorstandes neben scharfer Kritik am Kurs von Bundesregierung und NATO auch das Agieren der Moskauer Administration ins Visier genommen wird, plädieren andere für eine positive Bezugnahme. Russland könne »eine fortschrittliche Rolle bei der Bildung einer internationalen, antimonopolistischen Allianz spielen«, heißt es in einem Diskussionspapier von Harri Grünberg von der Sozialistischen Linken.

Doch diese Position stößt auch innerhalb der Strömung auf Kritik. Es sei eine »falsche Orientierung«, wenn der Linken »letztlich ein Bündnis mit den herrschenden Klassen anderer Staaten vorgeschlagen wird, die jedoch selbst Teil des imperialistischen Lagers sind«, so die Replik von Ben Stotz und Nils Böhlke. Die Linkspartei solle »alles tun, die Bundesregierung unter Druck zu setzen und für einen Austritt aus der NATO argumentieren. Aber der Feind unseres Feindes, Putins Russland oder andere BRICS-Staaten, sind deswegen nicht unsere Freunde oder Verbündete«. tos

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