Lange Leitung beim Tunnelbau

Die Ortsumfahrung Ahrensfelde wird seit langem geplant / Gemeinde und Bezirke machen Druck

  • Steffi Bey
  • Lesedauer: 3 Min.
Marzahn-Hellersdorf und Lichtenberg, die Gemeinde Ahrensfelde sowie Wirtschaftsverbände fordern die Weiterführung des Planfeststellungsverfahrens für die Ortsumfahrung Ahrensfelde.

Täglich das gleiche Bild: Stoßstange an Stoßstange quälen sich Autos und Lkw durch die Gemeinde Ahrensfelde. Am Morgen geht es im Schritttempo auf der Bundesstraße 158 Richtung Hauptstadt, am späten Nachmittag dann das gleiche Bild. Nur dann ist die Kolonne auf dem Weg zur Autobahn. Mehr als 30 000 Fahrzeuge durchqueren derzeit täglich den Ortskern der Gemeinde vor den Toren Berlins. Prognosen gehen davon aus, dass sich in den kommenden Jahren der Verkehrsstrom weiter erhöhen wird.

»Deshalb muss endlich etwas passieren, wir brauchen dringend eine leistungsfähige Trasse«, sagt Wilfried Gehrke (CDU), Bürgermeister von Ahrensfelde. Auch im benachbarten Marzahn-Hellersdorf reißt so langsam der Geduldsfaden. »Der gesamte nordöstliche Verflechtungsraum benötigt eine Infrastrukturanbindung an den Berliner Ring, der nur mit der Ortsumfahrung gewährleistet werden kann«, betont Marzahn-Hellersdorfs Wirtschaftsstadtrat Christian Gräff (CDU). Sonst sei auch die Entwicklung des neuen, 90 Hektar großen Industriegebietes Cleantech Business Park gefährdet. Mehr als 1400 Unternehmen siedeln sich schließlich dort in den nächsten Jahren an - eine schnelle Verbindung zur Autobahn muss also gewährleistet sein.

»Wir haben allerdings nicht den Eindruck, dass Berlin und Brandenburg das Thema intensiv bearbeiten«, begründet Gräff jetzt den politischen Vorstoß. In einem Positionspapier fordern Marzahn-Hellersdorf, Lichtenberg, Ahrensfelde sowie die Industrie- und Handelskammern in Berlin und Ostbrandenburg, die Fachgemeinschaft Bau und der Bauindustrieverband Berlin-Brandenburg »umgehend die Verhandlungen mit dem Bundesverkehrsministerium aufzunehmen, um die Fortführung des Planfeststellungsverfahrens zur Ortsumgehung zu erreichen«.

»Nichtstun bringt uns nicht weiter, doch seit 40 Monaten gibt es Stillstand, das nehmen wir nicht länger hin«, erklärt Bürgermeister Gehrke.

Dabei ist die Lösung eigentlich zum Greifen nahe: Denn die Bundesregierung sowie Brandenburg und Berlin verständigten sich schon vor Jahren auf den Bau der Umgehungsstraße. 4,5 Kilometer lang und vierspurig soll die Neubaustrecke sein, die den Nordosten Berlins mit dem Autobahnring A 10 verbindet.

Nach der bisherigen Planung beginnt die Straße an der Märkischen Allee in Marzahn und wird zunächst auf einem rund 100 Meter breiten Streifen zwischen dem Dorf Ahrensfelde und den Hochhäusern von Marzahn auf Berliner Gebiet geführt. Um Anwohner vor Verkehrslärm zu schützen ist vorgesehen, die Fahrbahn in diesem Bereich etwa drei Meter tiefer zulegen und als Tunnel auszubauen. Die weitere Strecke soll östlich von Ahrensfelde über Felder führen.

Seit mehr als 20 Jahren laufen mittlerweile die Planungen für das Projekt. Umgesetzt wurde bislang aber nichts, obwohl sich bereits 2011 alle Beteiligten auf die Tunnelvariante verständigten. Auch der Bund stimmte zu und gab eine Finanzierungszusage - die Baukosten liegen bei 40 Millionen Euro.

Seit Dezember vergangenen Jahres gibt es eine neue Situation: Der Bundesrechnungshof kritisiert plötzlich die Tunnellösung und hält einen ebenerdigen Straßenverlauf mit Lärmschutzwänden für ausreichend. Durch den Verzicht auf den Tunnel könne der Bund zehn Millionen Euro sparen, heißt es.

»An dieser Summe darf die Maßnahme nicht scheitern«, erklärt Stadtrat Gräff. Beide Länder müssten sich an einen Tisch setzen und sagen, ob sie die zehn Millionen tragen wollen. »Ob es letztendlich eine planungsrechtliche Lösung ohne Tunnel gibt, ist fraglich«, sagt der Politiker.

Noch steht nicht fest, ob der Tunnel aus der Planung gestrichen wird. »Die Gespräche dazu sind mit dem Bundesverkehrsministerium im Gang«, berichtet Steffen Streu, Sprecher des Brandenburger Infrastrukturministeriums auf nd- Anfrage. »Wir setzen uns weiterhin für die Tunnel-Lösung ein, weil wir sie aus städtebaulichen Erwägungen für sinnvoll halten«, sagt er.

Das Positionspapier soll jetzt an die Mitglieder des Berliner Abgeordnetenhauses, die brandenburgischen Landtagsabgeordneten sowie an beide Landesregierungen verschickt werden.

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