Beliebt sein reicht nicht

Jens Böhrnsen stand für Rot-Grün an der Weser

  • Velten Schäfer
  • Lesedauer: 2 Min.

An Jens Böhrnsen persönlich hat es nicht gelegen, dass die Bremer SPD am Wahlsonntag eine solche Watschn bekam. Der Jurist und SPD-Politiker, Sohn eines stadtbekannten Widerstandskämpfers von der KPD, hatte nach knapp zehn Jahren an der Stadtstaatsspitze zwar nicht derartig hohe Popularitätswerte wie etwa Amtsvorgänger Henning Scherf. Dennoch waren laut einer Umfrage von Infratest dimap für die ARD 63 Prozent der Bürger an der Weser mit seiner Arbeit zufrieden. Im Direktvergleich mit seiner CDU-Herausforderin Elisabeth Motschmann lag Böhrnsen mit 59 zu 16 Prozent vorn. Daran gemessen, war Böhrnsen am Sonntag eher ein Grund dafür, dass die SPD überhaupt noch vorne lag.

Vor diesem Hintergrund war es eine Überraschung, als der gebürtige Bremer am Montag ankündigte, für eine weitere Legislatur nicht mehr zur Verfügung zu stehen, »damit die SPD durch eine personelle und inhaltliche Neuaufstellung die politischen Weichen für ein besseres Ergebnis bei der nächsten Bürgerschaftswahl 2019 stellen kann«.

Noch bevor das amtliche Endergebnis aufgrund des komplizierten Wahlmodus überhaupt feststeht, können nun die Spekulationen darüber beginnen, was Böhrnsen mit diesen »politischen Weichen« meint.

Böhrnsen übernahm die Regierung 2005 von Scherf; damals regierte Rot-Schwarz an der Weser. Doch der 1949 geborene Politiker ließ von Anfang an seine Präferenz für Rot-Grün durchblicken und bildete nach der Wahl von 2007 eine entsprechende Regierung. 2011 konnte sich dieselbe glanzvoll behaupten; beide Regierungsparteien gewannen hinzu. Diesmal aber konnte der rot-grüne Senat die Wahlbürger offenbar kaum noch überzeugen: Eine deutliche Mehrheit äußerte sich laut Infratest dimap als unzufrieden mit der Arbeit des Senats. Im Landesteil Bremerhaven verlor Rot-Grün sogar die Mehrheit der Stimmen - und die Wahlbeteiligung sank unter 50 Prozent, was für Landtagswahlen ein bedenklicher Wert ist.

Ob im seit dem Bestehen des Bundeslandes SPD-geführten Senat auf Rot-Grün nun wieder eine rot-schwarze Variante folgen könnte und wer aus den Reihen der Sozialdemokraten ihm nachfolgt, wird Böhrnsen nun aus der Distanz beobachten. Was aus ihm persönlich wird, scheint offen. An seine von 1978 bis 1995 andauernde Richterkarriere wird er mit Mitte 60 kaum noch anknüpfen. Vielleicht geht er ja einfach in den Ruhestand.

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