Kann Deutschland auch irisch?

Regierung will Homosexuellen mehr Rechte einräumen

  • Lesedauer: 3 Min.
Die Iren haben in einem Referendum mit klarer Mehrheit den Weg für gleichgeschlechtliche Ehen freigemacht. Die Bundesregierung will nun auch homosexuellen Paaren in Deutschland mehr Rechte einräumen.

Frankfurt a.M.. Nach dem Votum für gleichgeschlechtliche Ehen in Irland sollen auch homosexuelle Paare in Deutschland mehr Rechte bekommen. Wie ein Sprecher des Bundesjustizministeriums am Montag dem epd sagte, will das Bundeskabinett am Mittwoch über einen entsprechenden Gesetzentwurf von Justizminister Heiko Maas (SPD) beraten. Eingetragene Lebenspartnerschaften sollen so rechtlich stärker an die Ehe herangeführt werden. Der Ministeriumssprecher bestätigte damit einen Bericht von »Spiegel Online«. Die Grünen appellierten an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), gleichgeschlechtliche Ehen auch in Deutschland zuzulassen.

Die Iren hatten in einem Referendum am Freitag mit klarer Mehrheit für eine Verfassungsänderung gestimmt, die künftig auch gleichgeschlechtlichen Paaren die Ehe ermöglicht.

Bundesjustizminister Maas sagte »Spiegel Online«, die Regierung wolle in 23 verschiedenen Gesetzen und Verordnungen die Vorschriften für die Ehe auf Lebenspartnerschaften ausdehnen. »Das ist ein weiterer Schritt auf dem Weg zur umfassenden Gleichstellung«, unterstrich der Minister. Vorgesehen sind dem Bericht zufolge etwa Erleichterungen im Zivil- und Verfahrensrecht.

Die neuen Regeln gehen auf den Koalitionsvertrag zurück. Union und SPD hatten sich im Jahr 2013 auf die Vereinheitlichungen geeinigt, konnten sich jedoch nicht auf eine volle Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaften mit der Ehe einigen. Eine vollständige Gleichstellung sei in der großen Koalition »leider nur schwer realisierbar«, sagte Maas »Spiegel Online«.

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Jens Spahn zeigte sich offen für den Vorschlag, gleichgeschlechtliche Ehen auch in Deutschland zuzulassen. »Man sollte denken, was die katholischen Iren können, können wir auch«, sagte das CDU-Präsidiumsmitglied der Tageszeitung »Die Welt«. »Die Bevölkerung ist in diesen Fragen oft weiter, als wir denken«, erklärte Spahn.

Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, sagte der »Welt«: »Ich bin zuversichtlich, dass das Votum der Iren die Gleichstellung in Deutschland beschleunigt.« Deutschland sei mit dem Lebenspartnerschaftsgesetz von 2001, das die rot-grüne Koalition auf den Weg gebracht hatte, einst Vorreiter der Gleichstellung gewesen, sagte Göring-Eckardt. Inzwischen »hat uns sogar Irland überholt«, kritisierte sie und forderte die Kanzlerin persönlich zum Handeln auf: »Es wird Zeit, Frau Merkel.«

Die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, Christine Lüders, sprach sich für eine fraktionsübergreifende Initiative im Bundestag für die Öffnung der Ehe aus. »Das Recht auf Heirat für Lesben und Schwule ist ein Menschenrecht, das gehört nicht in die Parteipolitik«, sagte Lüders am Montag in Berlin. Sie verwies darauf, dass nunmehr in elf EU-Ländern - darunter neben Irland auch Großbritannien, Frankreich, Spanien und Schweden - Lesben und Schwule in der Ehe völlig gleichgestellt seien. »Deutschland ist hier spät dran - aber es ist noch nicht zu spät für ein Signal der Toleranz«, sagte die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle.

Seit 2013 profitieren eingetragene Lebenspartnerschaften in Deutschland bereits vom Ehegattensplitting. Im vergangenen Jahr hatte der Bundestag ihnen das Recht auf eine Sukzessivadoption ermöglicht. Lesben und Schwule können demnach ein Kind adoptieren, wenn es vom Partner bereits adoptiert worden ist. In vielen anderen rechtlichen Bereichen werden homosexuelle Partner jedoch noch immer benachteiligt.

Bei der Volksabstimmung in Irland hatten am Freitag 62,1 Prozent der Wahlberechtigten für eine Verfassungsänderung gestimmt, die künftig auch die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare ermöglicht. 37,9 Prozent votierten dagegen. Irland war das erste Land, das weltweit über die Einführung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare abstimmen ließ. epd/nd

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal