Verständnis braucht Verstehen
Niedersachsen fordert mehr Geld für Dolmetscher
Die wachsende Zahl von Flüchtlingen bringt zunehmenden Bedarf auch an gesundheitlicher Betreuung. Vor allem Flüchtlinge mit Traumatisierungen bereiten Fachleuten Kopfzerbrechen. Amnesty International machte am Mittwoch auf eine gravierende Unterversorgung aufmerksam. Bundesweit rund 30 psychosoziale Behandlungszentren tragen einen Großteil der Betreuung, selbst schätzen sie jedoch ein, dass sie nur 15 Prozent des bundesweiten Bedarfs abdecken.
Die Probleme beginnen bereits beim Dolmetscher. Fehlende Deutschkenntnisse verhindern bei Betroffenen meist eine angemessene psychotherapeutische Aufarbeitung der erlebten Schrecken. Auf einer Gesundheitsministerkonferenz am Mittwoch im rheinland-pfälzischen Bad Dürkheim brachte das Land Niedersachsen einen Antrag ein, der die Kostenübernahme für ein bundesweites Modellvorhaben durch die Bundesregierung vorsieht. Im Erfolgsfall müssten die Kosten danach von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden. In der Psychotherapie sei der Bedarf am größten, begründete die niedersächsische Gesundheitsministerin Cornelia Rundt (SPD) gegenüber der dpa den Vorstoß. »Da geht es nicht um Knochenbrüche, die auch anders festzustellen sind. Sprache ist hier zur Erkennung und Heilung besonders wichtig.«
Bei der Finanzierung von Behandlungskosten für Flüchtlinge setzt Thüringen auf die Einführung einer Gesundheitskarte. Bis zum Herbst soll ein entsprechender Vorschlag vorliegen. Auf einer Tagung der Techniker Krankenkasse (TK) in Weimar argumentierte die Kasse gegen die Idee. Nötig sei eine bundesweit einheitliche Regelung und kein Flickenteppich. In Bremen und Hamburg gibt es die Gesundheitskarte für Flüchtlinge bereits. Anders als dort, müssten in Thüringen 23 Landkreise und kreisfreien Städte unter einen Hut gebracht werden. Erkrankte Asylbewerber müssen sich derzeit beim Sozialamt einen Behandlungsschein abholen. Erst danach dürfen sie einen Arzt aufsuchen. uka
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