Freakshow in Tartarstan

Andreas Morbach über Doping und Weltrekorde bei der Schwimm-WM

  • Andreas Morbach
  • Lesedauer: 2 Min.

Es hätte ein nettes Wiedersehen werden können: Julia Jefimowa, die überführte Doperin, die dank vom Weltverband verkürzter Sperre pünktlich zur Heim-WM wieder auf den Startblock steigen durfte, und Ruta Meilutyte, ihre schärfste Kritikerin, nebeneinander auf dem Podium. Die Chance war da: Die Russin Jefimowa hatte über 100 Meter Brust Gold, ihre litauische Konkurrentin Silber geholt. Doch die Siegerin saß alleine auf dem Podium. Weil die scharfzüngige Meilutyte, wie der Interviewleiter nach einem Blick durch den Raum feststellte, bei der Dopingkontrolle war.

Eine lustige Anekdote - in einem ganz und gar nicht spaßigen Umfeld. Denn in Sachen Doping macht der internationale Schwimmsport der Leichtathletik gerade mächtig Konkurrenz. Auch unter den prominenten Bahnenziehern häufen sich seit einiger Zeit die positiv getesteten Fälle. Und parallel dazu schwappt eine Flut an Weltrekorden durch die Kazan Arena - ein Anblick, der nach dem Verbot der Hightech-Anzüge Ende 2009 noch als undenkbar galt.

Sieben Weltrekorde waren es an den ersten drei Tagen - mehr als bei den letzten Titelkämpfen insgesamt. Und Tatort ist das seit der WM-Vergabe vor sechs Jahren an Dopingfällen im Schwimmsport reiche Russland. Dort sind in dieser Woche 16 Schwimmer am Start, die bereits einen positiven Dopingtest hinter sich haben. Doch genauso lasch wie der Weltverband die Bekämpfung angeht, so laut reiben sich seine Funktionäre bei jedem neuen Weltrekord die Hände.

Die globale Bestmarke ist in der Welt der Schwimmchefs die heilige Kuh, Doping eine maximal lästige Begleiterscheinung. Generalsekretär Cornel Marculescu zum Beispiel musste bei einer Pressekonferenz erst mal zum Handy greifen, um die korrekte Zahl der bei der WM geplanten Dopingtests nennen zu können. Noch so eine bizarre Anekdote - bei der aktuellen Freakshow in Tatarstan.

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