Späte Abstimmung - baldige Neuwahl?

Tsipras rechnet mit Parlamentsmehrheit für Kreditprogramm / Euro-Gruppe soll am Freitag entscheiden

  • Katja Herzberg
  • Lesedauer: 2 Min.
Die griechische Regierungspartei SYRIZA ist zerstritten. Dennoch kann sich Ministerpräsident Tsipras der Zustimmung des Parlaments in Athen sicher sein.

Trotz Protesten des linken SYRIZA-Flügels zeigte sich Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras vor der Parlamentsabstimmung über die Bedingungen für ein drittes Kreditprogramm optimistisch. »Ich bin und bleibe zuversichtlich, dass wir es schaffen werden, ein Abkommen und Kredithilfen zu erreichen, um die wirtschaftliche Unsicherheit zu beenden«, sagte der SYRIZA-Vorsitzende am Mittwoch.

Nachdem sich die griechische Regierung am Dienstag mit Vertretern der Gläubigerinstitutionen auf die Grundzüge des neuen Programms geeinigt haben, soll in der Nacht zu Freitag das Parlament in Athen den neuen Auflagen zustimmen. Der rund 400 Seiten lange Gesetzentwurf dazu wurde bereits auf der Website des Parlaments veröffentlicht.

Die Linke Plattform in SYRIZA lehnt die harten Sparauflagen der Kreditgeber ab. Die als Gegnerin der Sparmaßnahmen bekannte griechische Parlamentspräsidentin Zoe Konstantopoulou machte ihre Ablehnung klar, indem sie gegen den Willen Tsipras’ die für Mittwoch geplante Debatte im Finanzausschuss auf Donnerstag verschob. Das Abschlussvotum wird nun erst in den frühen Morgenstunden am Freitag erwartet. Bei weniger als 120 Stimmen aus der Regierungskoalition für das Spar- und Kreditprogramm gelten Neuwahlen als unausweichlich. Innenminister Nikos Voutsis sprach davon, dass es dann »keine andere Möglichkeit« gebe.

Wenn das griechische Parlament das Gesetzespaket absegnet - wovon auszugehen ist, weil Tsipras große Teile der Opposition hinter sich weiß -, könnten am Freitag auch die Euro-Finanzminister ihre Zustimmung geben. Euro-Gruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem lud am Mittwoch offiziell zu einer Sondersitzung ein. Das Bundesfinanzministerium pocht offenbar jedoch auf Nachbesserungen an der Experten-Vereinbarung. Dies betreffe laut Springermedien die Beteiligung des Internationalen Währungsfonds, die Schuldentragfähigkeit und die geforderten Privatisierungen. Ein Schreiben mit entsprechenden Fragen sollte noch am Mittwochabend bei einer geplanten Telefonkonferenz der 28 EU-Länder auf Fachebene Thema sein.

Sven Giegold, der wirtschafts- und finanzpolitische Sprecher der Grünen im Europaparlament, äußerte Skepsis über das geplante Programm. Der Preis für eine dreijährige Finanzierungsperspektive im Euro und die Rekapitalisierung der griechischen Banken sei hoch. »Zwei Jahre Rezession werden Arbeitslosigkeit und Armut weiter verschärfen«, ist sich Giegold mit Blick auf die neuesten Prognosen zur griechischen Wirtschaft sicher. Aus EU-Kreisen verlautete, sie werde in diesem Jahr um 2,3 Prozent schrumpfen, für 2016 werde ein Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 1,3 Prozent erwartet. »Insgesamt muss man bezweifeln, dass durch dieses Programm eine positive Dynamik in Griechenland oder auch nur politische Stabilität möglich wird«, erklärte Giegold. Mit Agenturen

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