Heimat zwischen langen Fluren

Masterplan für Lichtenberger Dong-Xuan-Center birgt Hindernisse

  • Steffi Bey
  • Lesedauer: 3 Min.
Berlins größter Asiamarkt soll erweitert werden. Geplant sind unter anderem ein Hotel, ein Medizin-Center, eine Nudelfabrik und Betriebswohnungen.

Für viele Vietnamesen ist an der Lichtenberger Herzbergstraße in den vergangenen zehn Jahren ein Stück Heimat entstanden: der zweitgrößte Asiamarkt Europas mit mehr als 400 Großhändlern, die dort ihre Waren anbieten. Vollgestopft sind die Regale in den Hallen mit den scheinbar endlos langen Gängen. Hier gibt es jede Menge Textilien, Kleinelektronik, Lebensmittel, Accessoires. Es riecht nach Hühnersuppe und Plastik.

Mehr als 1000 Besucher kommen täglich auf das frühere Areal des Großbetriebes VEB Elektrokohle. »An manchen Wochenenden sind es sogar bis zu 5000«, sagt Steffen Cwienk, Prokurist der Firmengruppe des Dong-Xuan-Großhandelcenters. Vor allem Händler aus Polen, Tschechien, Frankreich, England, Russland und den Niederlanden ordern dort ihre Waren. Was verkauft wird, landet auch in Läden und Restaurants, die quer über die Stadt verteilt sind. Neue Tische fürs Nagelstudio beispielsweise, Hemden im Zehnerpack, vietnamesische Zeitschriften oder Reis im 50-Kilo-Sack.

Das geschäftige Leben floriert. Deshalb soll in den kommenden fünf bis zehn Jahren der Standort ausgebaut werden. »Die Hauptstadt Deutschlands bietet sich mit ihrer zentralen Lage in Europa geradezu dafür an«, erklärt Cwienk. Schon seit längerem arbeiten Geschäftsführer Nguyen Van Hien und seine Geldgeber an Plänen für das insgesamt rund 165 000 Quadratmeter große Gelände.

Es gibt einen Masterplan mit konkreten Projekten. So sollen neue Hallen mit Geschäften, ein Medizincenter, das auf asiatische Heilmethoden spezialisiert ist und eine Nudelfabrik entstehen. Auch ein vierstöckiges Parkhaus ist vorgesehen und die Eröffnung eines asiatischen Kulturzentrums. Dazu wird das einstige Kulturhaus des Betriebes Elektrokohle umgebaut.

Voraussichtlich im Oktober beziehungsweise November beginnen die Arbeiten. »Die äußere Hülle bleibt, erhält aber einen neuen multifunktionalen Inhalt«, formuliert der Prokurist: einen großen Saal mit Bühne, ein Restaurant und ein Café, Platz für Ausstellungen und Messen sowie Büros im Obergeschoss. »Wir sind bereits mit mehreren Interessenten im Gespräch, die das Zentrum betreiben wollen«, sagt Steffen Cwienk. Aktuell wird gerade das ehemalige Laborhaus zu einem Hotel mit 83 Zimmern umgebaut Mitte 2016 können die ersten Gäste kommen.

Knackpunkt im Konzept der Dong-Xuan GmbH ist allerdings der geplante Block mit Betriebswohnungen. Der Grund: Das gesamte Areal zwischen Herzberg- und Vulkanstraße ist als Gewerbe- und Industriegebiet ausgewiesen. Dieser Status erlaubt praktisch keine Wohnbebauung. Dazu müsste erst für einen Teil des Geländes eine Umwidmung zu einem Mischgebiet erfolgen.

Der zuständige Stadtentwicklungsstadtrat Wilfried Nünthel (CDU) hält das allerdings für sehr schwierig. »Weil dann das Land Berlin von seinen Zielen abweichen müsste«, sagt er. Schließlich sei im gültigen Flächennutzungsplan das Grundstück als Gewerbefläche deklariert, woran sich der Bezirk auch halten müsse. Nünthel verweist auf das laufende Bebauungsplanverfahren und betont: »Wir befinden uns im Diskussionsprozess mit allen Beteiligten.« Seiner Ansicht nach könnte eine Widmungsänderung ebenso Begehrlichkeiten auf Nachbargrundstücken zur Folge haben.

Wolfgang Engels, SPD-Bürgerdeputierter im Wirtschaftsausschuss und stellvertretender Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der Selbstständigen, macht sich für eine Ausweisung als Mischgebiet stark: »Neue Industrieunternehmen ziehen garantiert nicht mehr auf das Gelände, dafür ist der Stadtrand inzwischen viel attraktiver.« Die verantwortlichen Politiker im Bezirk will er von einer Umwidmung überzeugen. Auch Steffen Cwienk blickt optimistisch in die Zukunft und setzt auf »weitere Gespräche im Bezirk und Senat«.

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