Wolken über Til Schweigers Wunschprojekt

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 2 Min.
Eine Kaserne im Harz hat als mögliches Flüchtlingsheim weithin Interesse gefunden, weil sich Til Schweiger engagieren will. Doch steht die Bonität der Firma in Frage, der die Anlage gehört.

Verlassen liegt die ehemalige Rommel-Kaserne an der Bergstraße in Osterode. Die Harzstadt im Südosten Niedersachsens wünscht sich, dass wieder Leben einzieht in den 2004 von der Bundeswehr verlassenen Komplex. Leben, das Flüchtlinge bringen. Für sie ließen sich die Soldatendomizile recht gut herrichten, dachte sich auch das Land Niedersachsen und setzte das Kasernement auf die Liste möglicher »Erstaufnahme-Einrichtungen«.

Ins Blickfeld der Öffentlichkeit geriet das Areal, als der Schauspieler Til Schweiger verkündete, er wolle mit dafür sorgen, dass es eine »Vorzeigeunterkunft« wird. So gar nicht zum Vorzeigen taugen indes neue Nachrichten über den Eigner der Kaserne, der die Gebäude instandsetzen und dafür viel Geld ausgeben müsste, dies aber möglicherweise gar nicht kann. Ersteigert hatte die Immobilie im November 2014 der Unternehmer Wolfgang Koch aus Stade für 160 000 Euro. Die von ihm geführte Firma »Princess of Finkenwerder« ist Eigentümerin des Objekts. Von ihr könnte das Land die Kaserne mieten und sie dann als Erstaufnahmeheim nutzen. Wer es betreibt, womöglich ein Träger der freien Wohlfahrtspflege, wäre eine zweite Frage.

Sowohl der NDR als auch »Die Welt« zitieren jetzt die renommierte Wirtschaftsauskunftei »Creditreform«, die mit Blick auf »Princess« warnt: »Von einer Geschäftsverbindung wird abgeraten.« Zu 96 Prozent müsse bei der Firma innerhalb eines Jahres mit Kreditausfall gerechnet werden. Zu Koch bemerken die Bonitätswächter, es lägen »schuldnerregisterliche Eintragungen« vor.

Hat das Land angesichts solcher Nachrichten die Firma »Princess« und damit das Projekt Osterode von der Flüchtlingsheim-Liste gestrichen? Oder wird weiter mit Wolfgang Koch über eine Anmietung der Kaserne verhandelt? Ein klares Ja oder Nein war dazu nicht zu hören aus Niedersachsens Innenministerium. Dessen Sprecher Matthias Eichler gibt allerdings zu bedenken: »Wir schließen einen Vertrag nur mit jemandem, der nachweisen kann, dass er imstande ist, die Liegenschaft zur Nutzung in unserem Sinne herzurichten und später dann auch zu unterhalten.«

Ein Satz, der klarstellen dürfte: Können Koch und Princess nicht die finanziellen Mittel aufbringen, um die Unterkünfte wunschgemäß herzurichten, gibt’s keinen Vertrag und keine Erstaufnahme-Einrichtung in Osterode. Ein hoher Betrag wäre vonnöten, um die Rommel-Kaserne in ein passables Flüchtlingsheim zu verwandeln, mehrere Millionen Euro, so wird geschätzt. Rohrleitungen seien nach dem Auszug der Bundeswehr entfernt worden, allein die energetische Sanierung erfordere hohen Aufwand und viel Geld.

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