Zwei Zentimeter fehlten zur Katastrophe

Dänemark bereitet sich mit dem vermehrten Bau von Deichen auf die drohende Flut vor

  • Bengt Arvidsson, Stockholm
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Erderwärmung und der steigende Meeresspiegel treffen Dänemark besonders stark. Das kleine Land hat rund 7000 Kilometer Küste. Die meisten größeren Orte liegen am Meer.

Die zunehmende Erderwärmung lässt das Eis an den Polkappen schmelzen. Wissenschaftler rechnen mit dem weiteren Anstieg des Meeresspiegels. Küstenländer wie Bangladesch könnten in großen Teilen unter der Wasseroberfläche verschwinden. Auch das kleine Dänemark sieht sich bedroht. Wissenschaftler warnen, dass dies die größte Herausforderung für die Zukunft des 5,6 Millionen Einwohner zählenden Landes sein könnte.

Alle größeren dänischen Städte liegen am Meer. Dänemark hat eine Küste von 7000 Kilometer Länge. »Unser Land kann sehr wohl einen Meeresanstieg von 70 Zentimetern vor dem Jahr 2100 erleben«, warnte jüngst Jens Hesselbjerg Christensen von Dänemarks Meteorologischem Institut. Der Däne ist einer der wichtigen Verfasser hinter den letzten Berichten des Internationalen Klimapanels.

Selbst wenn es den Regierungschefs der Welt bei der Klimakonferenz in Paris im Dezember gelingen sollte, ein Abkommen zu vereinbaren, mit dem der Anstieg der Durchschnittstemperatur auf zwei Grad begrenzt werden könnte, sei es eine Tatsache, dass der Meeresspiegel ansteigen wird. Das könne man nicht mehr ändern. »Der Meeresspiegelanstieg ist ein Phänomen, das bleiben wird«, sagte er der Zeitung »Politiken«. Einerseits nehme warmes Wasser mehr Raum ein als kaltes Wasser. Andererseits sei das Inlandeis auf Grönland dabei, massiv zu schmelzen, führt der Experte an.

In Bezug auf Dänemark ist der Wissenschaftler aber vor allem über die Entwicklung am Südpol besorgt. Es gehe dabei um den sogenannten Schwerkrafteffekt. Denn die Eisschmelze an den Polen hat Einfluss auf die Schwerkraft und damit auch auf den Meeresspiegel der jeweils anderen Seite der Erdkugel. Die Eisschmelze auf der nordatlantischen Insel Grönland hat laut Hesselbjerg Christensen vor allem eine Wirkung auf Australien, während sich die Eisschmelze am Südpol auf Nordeuropa auswirkt. »Die zukünftige Entwicklung des Meeresspiegels hängt bei uns vor allem mit der Geschwindigkeit zusammen, mit der die riesigen Eisdecken am westlichen Rand der Antarktis kollabieren. Sollte ein wirklich großes Eisstück von der Antarktis ins Wasser fallen, kann das gewaltige Meeresspiegelanstiege an Dänemarks Küsten verursachen«, warnt er.

Ein Forschungsbericht namens »Klimawandel: Eine Risikobewertung« der Cambridge Universität kommt zum gleichen Ergebnis. Wie schnell die Eisschmelze vorangeht, sei unberechenbar, heißt es dort.

Auch die Kombination von Meeresspiegelanstieg, Regenfällen und Stürmen mache Vorhersagen für Dänemark besonders schwierig, heißt es vom dänischen Umweltministerium. Das Ministerium berechne derzeit unterschiedliche Überschwemmungsszenarien und mögliche Gegenmaßnahmen.

In Kopenhagen erinnert man sich noch mit Schrecken an den Sturm Bodil, der im Dezember 2013 den Wasserspiegel zeitweise um 1,68 Meter ansteigen ließ. Zwei Zentimeter mehr hätten zu ungeahnten Problemen geführt, weil dann das U-Bahnsystem betroffen gewesen wäre. Nun sind die Stadt und mit ihr viele andere Gemeinden im Land damit beschäftigt, einen Plan zu erstellen, wo Deiche und Schleusen gebaut werden müssen.

»Derzeit sieht es so aus, als ob die wirtschaftlichste Lösung für Kopenhagen im Bau von zwei Deichen mit Schleusen am Nord- sowie Südhafen besteht«, sagte Lykke Leonardsen, die Verantwortliche für die Vorbereitung der Stadt auf den Klimawandel. Das werde ein Mammutprojekt. Es gehe nun erst einmal darum, dass sich Experten, Politiker und Bürger einig werden, was getan werden müsse.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal