Imam steht wegen sexueller Nötigung vor Gericht

Umstrittener Prediger einer Tempelhofer Moschee soll Frau bei religiöser Zeremonie vergewaltigt haben

  • Lesedauer: 3 Min.
Durch frauenfeindliche Sprüche machte er Schlagzeilen, nun steht der Imam der Ibrahim-al-Khalil-Moschee in Tempelhof vor Gericht.

Übermäßig gesprächig ist Imam Abdelkaber D. nicht. Kein Wunder, er ist auch nicht beim Freitagsgebet vor gläubigen Muslimen, er steht als Angeklagter vor Gericht. Und da macht er von seinem Recht Gebrauch, zu schweigen. Für ihn eine zusätzliche Pein: die da über ihn zu richten haben, sind Frauen. Ein schwerwiegender Vorwurf, den die Staatsanwaltschaft gegen den 51-Jährigen, verheiratet, Deutscher mit marokkanischen Wurzeln und Vater von sechs Kindern, erhebt. Er soll eine Muslima massiv sexuell genötigt haben.

Da der Imam kein Wörtchen herausbringt, ist das 33-jährige Opfer als erste Zeugin diejenige, die dem Gericht eine Vorstellung vom Tatgeschehen vermittelt. Und das ist die Vorgeschichte: Dunay K. war nach islamischen Recht verheiratet und ist inzwischen von ihrem Mann getrennt. Es waren wohl zwei sehr unterschiedliche Temperamente, die da irgendwann einmal zueinanderfanden, eine Tochter zeugten und feststellen mussten, dass sie nicht zueinanderpassten. Sie eine selbstbewusste, patente Frau, er der etwas phlegmatisch wirkende pummlige Ex-Mann. Während für sie 2014 die Ehe am Ende war, hegte er wohl noch Hoffnungen. Er bedrängte sie, stellte ihr nach, beschimpfte und beleidigte sie und wollte das Ende der Beziehung nicht wahrhaben. Offensichtlich war der Trennungsstrich nicht radikal genug, denn zwischen beiden ging es immer noch recht familiär zu. Der Verflossene unterbreitete den Vorschlag, sich einer religiösen Zeremonie zu unterziehen, um den Teufel, der in ihren Beziehungen zu wüten schien, in die Schranken zu weisen. Und nun kam Imam Abdelkaber D. ins Spiel. Er sollte den Fluch, der über ihnen lastete, besiegen. Sie fand es zwar lächerlich, wie sie sagte, doch willigte sie ein.

Man traf sich im Oktober 2014. Frau und Mann sollten sich aufs Bett legen. Während der Imam seine Formeln herunterbetete, wollte er beide in Trance versetzen. Das schien wohl auch zu funktionieren, denn Dunay K. war für längere Zeit weggetreten und ihr Ex lag starr und steif neben ihr. Mit ihr musste etwas geschehen sein; was, das konnte sie sich nicht erklären. Der Teufel, so war zu vermuten, war noch immer ganz nahe. Also setzte der Imam eine zweite Sitzung an. Wieder traf man sich am 27. Oktober 2014 in der Wohnung, um dem Satan noch einmal kräftig ans Leder zu gehen. Während der Ex per Hypnose entschlummerte, blieb sie wach und musste miterleben, wie der Koranjünger beim Barte des Propheten immer aufdringlicher wurde. Er fummelte an ihr herum und stieß wilde Sprüche aus. Sie wehrte sich, gab unmissverständlich zu verstehen, dass sie damit nicht einverstanden sei. Als Dunay K. übel wurde, meinte der Mann im weißen Predigerkaftan, dass nun der Punkt gekommen sei, an dem der Satan aus der Sünderin vertrieben werde. Doch die Frau hat sich nicht erbrochen, sie ging stattdessen zur Polizei. Vor Gericht schilderte sie in allen Details, was auf ihrem Bett geschah. An ihrer Glaubwürdigkeit zu zweifeln, dazu besteht kein Grund. Denn warum sollte sie den Imam so schwer belasten, den sie bis zu diesem Zeitpunkt gar nicht kannte? So liegt eine Verurteilung sehr nahe.

Abdelkaber D. ist ein Mann, der die Öffentlichkeit nicht scheut. Mit seinen Sprüchen, wonach die Frau dem Mann untertan sei und sie ihm jederzeit sexuell zu Diensten sein müsse, sorgte er bundesweit für Empörung. Der Imam scheint ein einfaches Weltbild zu pflegen, in dem Gleichberechtigung ein Fremdwort ist. Die Ehefrau müsse sich die Erlaubnis des Gatten holen, wenn sie das Haus verlassen möchte, das gehört zu seinen Glaubensgrundsätzen. Es sei nicht nur Gottes Gesetz, dies auszusprechen, sondern auch zutiefst demokratisch. Wer dies kritisiere, sei demnach undemokratisch und diktatorisch. Eine wirre Gedankenwelt, in welcher der Imam zu leben scheint. Es bleibt zu hoffen, dass sich die Gemeinde nach einem neuen Prediger umsieht, der die Worte des Herrn mit den Gesetzen in Übereinstimmung bringen kann.

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