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Syrer retten die Schule von Golzow

Ohne Flüchtlingskinder hätte man die berühmte Bildungsstätte schließen müssen

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.
Bildungsminister Günter Baaske (SPD) hofft zum Schuljahresbeginn auf weniger Krankmeldungen von Lehrern.

Wenn am 31. August in Brandenburg das neue Schuljahr beginnt, werden 21 000 ABC-Schützen erstmalig und insgesamt fast 250 000 Mädchen und Jungen die Schulbank drücken. Rechnerisch hat das Land nach 1100 Neueinstellungen und Entfristungen genügend Lehrer für sie, teilte Bildungsminister Günter Baaske (SPD) am Donnerstag mit.

Baaske zufolge wird es vier neue Privatschulen geben und zwei staatliche Schulen weniger. Es gibt 741 öffentliche und 175 private Schulen. Über 500 Schulen wurden in den vergangenen Jahren geschlossen, weil sich die Schülerzahl seit 1998 nahezu halbierte. Auch die berühmte Schule der Kinder von Golzow - bekannt durch eine Langzeitdokumentation - sei aufgrund geringer Anmeldezahlen bedroht gewesen, erläuterte Baaske. Doch haben syrische Flüchtlingskinder das geforderte Maß voll gemacht, erklärte er. »Ohne diese Kinder wäre der Fortbestand der Schule gefährdet gewesen.«

Das Bildungsministerium rechnet mit insgesamt 2000 bis 3000 Flüchtlingskindern an den Schulen, mit 1,2 Prozent Ausländern ist ihr Anteil sehr niedrig. Für Asylbewerberkinder gilt die Schulpflicht wie für jedes andere Kind. Wenn allerdings eine serbische Familie nach zwei Abschiebungen auch ein drittes Mal um Asyl bittet, dann »haben ihre Kinder keine Lust mehr auf die Schule, jedenfalls nicht auf eine deutsche Schule. Und das kann ich auch verstehen«, sagte Baaske.

Noch zur Weihnachtszeit sei er sehr skeptisch gewesen, ob die Ziele bei der Lehrerzahl erreichbar seien, ergänzte der Minister. Denn nun setzen die Jahre ein, in denen viele Lehrer in Pension gehen. Bandenburg bietet im Unterschied zu Sachsen und Berlin die Verbeamtung an, verschafft sich so einen Vorteil im Wettbewerb um Pädagogen. Auf 17 100 Stellen sind etwa 18 000 Lehrer beschäftigt. »Nicht alle arbeiten in Vollzeit.«

Zwar seien rund 100 Lehrerstellen noch unbesetzt - Baaske nannte die Fächer Naturwissenschaften, Mathematik und Deutsch -, doch sei dies eine normale Quote. »Irgendjemand wird immer gesucht.« Mit einem statistischen Lehrer-Schüler-Verhältnis von 1 zu 14,6 liege das Bundesland günstig. Doch geht die Rechnung nur auf, »wenn nicht zum Schuljahresbeginn allzu viele Krankmeldungen eintrudeln«, räumte Baaske ein. »Es ist schon so, dass man Ferienbeginn und Ferienende am Krankenstand der Lehrer ablesen kann.« So habe der Schulamtsbezirk Frankfurt (Oder) im vergangenen Jahr während der Sommerferien 145 krank gemeldete Lehrer gehabt, Anfang September seien es 339 gewesen. Auch Ostern sei für ein derartiges Fernbleiben beliebt. »Das treibt mich um und macht mich ein Stück weit sauer.« Baaske unterstrich, dass verantwortungsbewusste Lehrer die Leidtragenden sind. Er habe demnächst einen Termin mit Amtsärzten, um untersuchen zu lassen, »wie wir bei den Dauerkranken weiterkommen«.

Zwar sind in den vergangenen Jahren weniger als zwei Prozent der Unterrichtsstunden ausgefallen, doch wurde jede zehnte Stunde nicht laut Lehrplan gegeben, also fachfremd vertreten oder die Schüler sollten sich still beschäftigen. So kommt in der Zeit der Schulpflicht für ein Kind im Schnitt ein ganzes Schuljahr zusammen, das nicht regulär unterrichtet wurde. Baaske wandte sich gegen das Vorurteil, Brandenburg sei das Land übergroßer Schulklassen. An den Grundschulen gelte ein Richtwert von 23 Kindern pro Klasse. Von den 5100 Grundschulklassen im Land haben 3400 weniger als 23 Schüler, der Rest mehr. Grundschulklassen werden sogar dann noch genehmigt, wenn sie nur 16 Schüler zählen.

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