Rechte Umtriebe am 3. Oktober

NPD, Bärgida und Co. trafen auch am Tag der Deutschen Einheit in Mitte auf Protest

  • Paul Liszt
  • Lesedauer: 3 Min.
Wie schon im Vorjahr hatten rechte Gruppen im Vorfeld des 3. Oktober zu Versammlungen im Regierungsviertel aufgerufen. Antifaschisten stellten sich an die Spitze von Gegenprotesten.

Während rund um das Brandenburger Tor annähernd eine Million Menschen den 25. Jahrestag der Deutschen Einheit feierten, gestaltete sich die Lage andernorts noch unübersichtlicher. So hatten sich am Mittag, als auf der Wiese vor dem Reichstag noch die Technik für den abendlichen Festakt getestet wurde und wenige Meter weiter ein Fanfarenzug probte, vor dem Paul-Löbe-Haus knapp 50 Anhänger der sogenannten Reichsbürger versammelt. Dabei handelt es sich um Rechtsextreme, die die Bundesrepublik als Konstrukt einer angeblich fortbestehenden Besatzung Deutschlands durch die Alliierten ablehnen, wobei sie sich antisemitischer Verschwörungsideologien bedienen. Aufgerufen hatte eine Gruppierung von einem ehemaligen NPD-Funktionär aus Mecklenburg-Vorpommern, der wegen eines Brandanschlages auf eine Flüchtlingsunterkunft vorbestraft ist. Ein Redner stellte die steigenden Flüchtlingszahlen in Deutschland als Teil einer »Strategie der Globalisierer, die Weltherrschaft zu erlangen« dar.

Abgeblasen werden musste dagegen eine vor dem Bundeskanzleramt geplante »Demonstration gegen Masseneinwanderung«. Die Anmelderin hatte es dem Vernehmen nach versäumt, den für Demonstrationen im Regierungsviertel erforderlichen Antrag beim Bundesinnenministerium zu stellen und auf diesbezügliche Nachfragen nicht reagiert. 50 dennoch erschienene Rechte wurden von der Polizei zum Hauptbahnhof begleitetet, wo um 15 Uhr eine weitere rechte Demonstration durch Mitte starten sollte. Diese stand unter dem Motto »Wir für Deutschland« und war im Namen eines Zusammenschlusses aus dem »Bärgida«-Umfeld angemeldet worden. Dem Berliner Pegida-Ableger waren am Ende nur knapp 200 Sympathisanten in den mit Gittern abgesperrten Bereich auf dem Washingtonplatz südlich des Hauptbahnhofs gefolgt. Versammelt hatte sich unter Bannern des Deutschen Ritterordens, der Urburschenschaft und DDR-Fahnen ein Konglomerat verschiedener rechter bis rechtsextremer Gruppierungen. Angetrunkene rechte Hooligans standen neben AfD- und »Pro Deutschland«-Anhängern, Mitglieder der »Identitären Bewegung« neben Neonazis im Stil der »Autonomen Nationalisten«. Auch der Berliner NPD-Landeschef Sebastian Schmidtke stieß samt Gefolge noch zur Demonstration, bevor sich diese Richtung Invalidenstraße in Bewegung setzte. Dem Zug folgten mehrere hundert Gegendemonstranten, die zuvor schon am Hauptbahnhof mit Antifa-, »Refugees Welcome«-Fahnen und »Nationalismus raus aus den Köpfen«-Sprechchören protestiert hatten. Viele waren auf Fahrrädern unterwegs und kamen über Nebenstraßen in kleineren und größeren Gruppen immer wieder an den rechten Aufzug heran. Bis auf vereinzelte Rangeleien mit der Polizei - so wurde an der Hannoverschen Straße eine Sitzblockade geräumt - blieb es ruhig. Der rechte Aufmarsch, zu dem sich am Ende auch noch Anhänger der »Montagsmahnwachen für den Frieden« gesellten - endete unter lautstarkem Protest mit einer Abschlusskundgebung am Neptunbrunnen auf dem Alexanderplatz. Dort hatte NPD-Landeschef Schmidtke unter dem frenetischen Beifall seiner Anhänger wiederholt den ungarischen Ministerpräsidenten Victor Orban für dessen Abschottungspolitik gegen Flüchtlinge gelobt. Ein anderer Redner, Heribert Eisenhardt, der bis vor einiger Zeit im AfD-Bezirksvorstand Lichtenberg saß, hatte sich bereits am Vortag in einem der ungarischen Botschaft zugestellten Dankschreiben bei Orban bedankt.

Schmidtke hatte am Vormittag auf NPD-Kundgebungen in Schöneweide, Karlshorst und Ahrensfelde gesprochen. In Treptow und Lichtenberg waren sie von angemeldeten Gegenkundgebungen übertönt worden.

Dirk Stegemann, Anmelder der Gegendemonstration in Mitte, bedankte sich am Ende bei den Teilnehmern.

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