Podemos will den Alleingang

Keine »Formel« gefunden: Linkspartei verwirft ein breites Linksbündnis für die Parlamentswahlen am 20. Dezember / Kritik der IU: Iglesias handelt einseitig

  • Ralf Streck, San Sebastián
  • Lesedauer: 4 Min.

Sie haben nicht zueinandergefunden: Podemos-Chef Pablo Iglesias und der designierte Vorsitzende der Vereinten Linken (IU) Alberto Garzón. Am Dienstagabend veröffentlichte die Empörten-Partei Podemos nach einem erneuten Treffen zwischen den beiden Führungsfiguren eine Erklärung und gab »das Ende der Gespräche« bekannt. Statt gemeinsam werden IU und Podemos als Gegner antreten. Podemos »bedauert«, dass keine »Formel« gefunden werden konnte, die es Garzón erlaube, sich der »Kandidatur des Wandels anzuschließen, mit der Podemos bei Parlamentswahlen antreten wird«.

Die Darstellung von Podemos trifft bei Alberto Garzón auf Widerspruch: Dass im »freundlichen Gespräch« der Dialog gemeinsam beendet worden sei, weist der Hoffnungsträger der IU zurück. Er warf der Iglesias-Truppe vor, »einseitig« zu handeln. Die IU-Delegation erklärte, man habe sogar ein neues Treffen für Donnerstag anberaumt.

Garzón will weiter an einer Kooperation mit dem Linksbündnis »Ahora en Común« (Jetzt gemeinsam) arbeiten. Das ist die Formel, mit der die IU den Erfolg von »Madrid en Común« bei den Kommunalwahlen im vergangenen Mai ausbauen will. Wo Podemos wie in Madrid gemeinsam mit anderen linken Parteien bei den Kommunalwahlen angetreten ist, konnte sie Rathäuser erobern: Zum Beispiel in Barcelona, Saragossa oder Santiago do Compostela. Anders als bei den Neuwahlen zum Parlament der Autonomen Gemeinschaft gerade in Katalonien will Podemos im Dezember bei den Wahlen zum spanischen Parlament nicht auf ihren Namen verzichten und spricht sich gegen eine »Buchstabensuppe« aus. Iglesias ist vor allem gegen ein Zusammengehen mit dem zerstrittenen IU-Parteiapparat. Er bot der IU stets ein Zusammengehen an der Basis unter dem Dach von Podemos an. Die IU habe aber ein Abkommen mit ihrer Parteiführung gefordert, für Podemos eine »Rote Linie«. Doch nun, so bedauert IU, »müssen wir bei den Wahlen als Kontrahenten antreten, dabei ist der Gegner das Regime«. Eine uneinige Linke könnte der Rechten dazu verhelfen, weiterregieren zu können.

Dass eine uneinige Linke der Rechten hilft, dafür gibt es aktuelle Beispiele. Das deutet sich auch beim Nachbarn Portugal an, obwohl die linken Austeritätsgegner die Wahlen am Sonntag dort klar gewonnen haben. Und so war es bereits bei den Regionalwahlen im Mai in der Hauptstadtregion Madrid. Anders als bei den Kommunalwahlen in der Hauptstadt gab es in der Region Madrid kein linkes Bündnis. Die IU blieb unter der Hürde von 5 Prozent im Regionalparlament und ihre Stimmen fielen unter den Tisch. So kann die PP trotz schwerer Verluste mithilfe der rechten »Ciudadanos« (Bürger) weiterregieren. Es könnte auch sein, dass die rechten Ciudadanos die PP als rechte Volkspartei beerben. Das haben die Wahlen in Katalonien gerade gezeigt, wo sie mit 25 Sitzen als zweitstärkste Kraft die auf elf Sitze abstürzende PP klar übertraf.

Die PP ist über das Aufkommen der Ciudadanos beunruhigt: Vor einem Wahlsieg der Bürger in Spanien warnt der ehemalige PP-Chef und Ministerpräsident José María Aznar (1996-2004) heftig. Umfragen zeigen spanienweit eine Tendenz in Richtung Aufschwung Ciudadanos und Abschwung der PP. Medien berichten von einer Umfrage, die der PP-Regierung vorliege, und die sieht die Ciudadanos schon als Wahlsieger.

Podemos, der andere Emporkömmling, scheint derweil seinen Zenit überschritten zu haben. Auch sie wurde in Umfragen im Frühjahr 2015 schon als Wahlsieger gehandelt. Nun ist die Partei auf den vierten Rang abgerutscht. Sie steht wieder weit hinter den Sozialisten (PSOE) und könnte bestenfalls ihr Mehrheitsbeschaffer werden, wie nach den Regionalwahlen in Regionen wie Kastilien, La Mancha, Asturien oder Aragon.

Podemos hat der Schwenk ihrer griechischen Schwesterpartei Syriza geschadet. Da Podemos die Tsipras-Regierung auch nach dem Umschwenken nach dem Referendum weiter kritiklos unterstützt, raubt ihr Glaubwürdigkeit, wirklich einen Wandel zu wollen. Das bezahlte sie in Katalonien teuer. Im Bündnis mit der Initiative für Katalonien (ICV) kam Podemos auf weniger Zustimmung als die ICV beim vorherigen Urnengang 2012 im Alleingang. Der IU-Anführer Garzón meint angesichts des Scheiterns der Gespräche und dem gefährlichen Pokern von Iglesias: »Gestern war ein guter Tag für PP und PSOE«. Ähnlich sieht es auch der Chef der grünen Partei »Equo« Juan López de Uralde, die mit Podemos kandidiert. Er sprach von einer »schlechten Nachricht« und forderte beide Parteien auf, die Gespräche wieder aufzunehmen. Doch das Tischtuch zwischen Podemos und IU scheint zerschnitten.

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