Parteifeind
Personalie: Magdeburgs OB Lutz Trümper hat sein SPD-Parteibuch abgegeben.
Sollte der Satz Satire sein? Oder klingt die Äußerung nicht eher zynisch? Mit seinem Austritt aus der SPD, sagte Magdeburgs Oberbürgermeister Lutz Trümper, wolle er Schaden von der Partei abhalten. Das glatte Gegenteil dürfte er erreicht haben. Dass der prominenteste Kommunalpolitiker der Sozialdemokratie in Sachsen-Anhalt persönlich im Parteibüro sein Parteibuch abgibt, wäre für sich ein Paukenschlag. Dass er es fünf Monate vor der Landtagswahl tut, ist für deren Wahlkampfstrategen ein Albtraum. Auf dem Parteitag, der diesen Samstag in Leuna das Programm für die Wahl beschließen soll, gibt es nun viel zu bereden.
Immerhin: Grund für das Zerwürfnis ist ein politisches Thema, bei dem die Landes-SPD gerade ihr Profil schärft. Es geht um die Unterbringung der Flüchtlinge; Spitzenkandidatin Katrin Budde tritt energisch all jenen entgegen, die das Land und die Kommunen am Limit sehen. Zu denen gehört neben Reiner Haseloff, dem Ministerpräsident von der CDU, auch ihr bisheriger Parteifreund im Magdeburger Rathaus. Nachdem Budde diesen wohl bat, eher intern zu streiten, erklärte der OB, er wolle nicht bis März den Mund halten. Wenn Trümper wegen der Position der SPD zu Flüchtlingen hinwerfe, kommentierte LINKE-Spitzenkandidat Wulf Gallert, »zeugt das von einer bemerkenswerten Haltung der SPD dazu«.
Eine Kurzschlussreaktion ist der Austritt Trümpers, der seit 1990 Genosse war und seit 2001 Chef in Magdeburgs Rathaus ist, nicht; der Biochemiker, dem ein ausgeprägtes Ego attestiert wird, trat seinen Genossen schon öfter öffentlich vor das Schienbein. Nach seiner Wiederwahl im März lästerte er über die mangelnde Wirtschaftskompetenz der Partei - ein Affront gegen Budde, die ab 2001 Wirtschaftsministerin war. Dass er so gegen die Spitzenfrau stichelt, obwohl diese Magdeburgerin ist, dürfte nicht zuletzt dem Umstand geschuldet sein, dass Budde nicht mehr in Nibelungentreue zur bisherigen Koalition mit der CDU steht, sondern auch Rot-Rot-Grün für eine Option hält - womöglich auch dann, wenn ihre Partei nicht die stärkste Kraft würde. Trümper aber hält das »fatal für die SPD«.
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