Zwangsmeterisierung

Einbau von intelligenten Stromzählern beschlossen

  • Frederik Schiek
  • Lesedauer: 3 Min.
Ab 2020 soll der durchschnittliche Stromkunde einen »intelligenten« Stromzähler einbauen müssen - auf eigene Kosten. Kritiker sorgen sich um die Verwendung der so anfallenden Daten.

Berlin. Anglizismen machen Produkte für den Kunden schmackhafter. Dies weiß nicht nur die Werbeindustrie. Auch das Bundesministerium für Wirtschaft ist sich dessen bewusst: Aus dem Wort »intelligenter Stromzähler« wird jetzt das »Smart-Meter« - und zwar in einem am Mittwoch beschlossenen »Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende«. Dieses sieht vor, dass bald alle Stromnutzer mit solchen Geräten zwangsbeglückt werden. Den Großteil deutscher Haushalte, also jene mit einem Stromverbrauch von unter 6000 Kilowattstunden, soll es ab 2020 treffen. Kostenpunkt: je nach Verbrauch zwischen 20 und 60 Euro pro Jahr; zahlen darf das Ganze der Verbraucher.

Die Idee dahinter ist, laut BMWI, durch Erfassung von Verbraucherdaten die Stromproduktion erneuerbarer Energiequellen optimieren zu können. Dieses Gesetz ist eine direkte Folge des »Dritten Energiepakets« der EU, das einen Einbau der Geräte in 80 Prozent der Haushalte bis 2020 vorsieht. Um allerdings keine zusätzlichen Unkosten durch diese rasche Einführung zu verursachen, ist es den Mitgliedsländern überlassen, selbst eine Strategie zur Einführung zu entwickeln.

Zählerstandablesungen für Strom und die damit einhergehende Gebühr würden durch das Smart-Meter entfallen. Der Nutzer wäre in der Lage, den eigenen Verbrauch digital zu erfassen. Auch soll das Gerät durch automatische Regelungen Stromkosten senken. Dem stehen die Mehrheit der Deutschen kritisch gegenüber. Nur jeder Dritte ist der Meinung, damit Einsparungen erzielen zu können. Weiterhin lehnen 60 Prozent den Zwangseinbau ohnehin ab, wie eine Umfrage von YouGov mit 2000 Befragten ergab.

Das BMWI erklärt, die intelligenten Stromzähler genügten »höchsten technischen Datenschutzanforderungen«. Es bleiben aber Zweifel. So registriert das Smart-Meter, welche Geräte wann in Benutzung sind - und wie viel Strom sie verbrauchen. Da etwa ein Fernseher bei dunklen Bildern deutlich weniger Strom frisst als bei hellen, ließe sich so feststellen, welches Programm gerade läuft.

Ob dies nun eine neue Ära der digitalen Ausspähung mit sich bringt, ist bislang unklar. Fest steht, dass die Grundzuständigkeit für die intelligenten Messsysteme laut Gesetz auch auf Dritte übertragen werden könnte. Diese müssten nur über »eine besondere Qualifikation« verfügen, um als Messstellenbetrieb zertifiziert zu werden. Inwieweit durch dieses Zertifikat des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik Nutzerdaten dann noch geschützt werden, bleibt abzuwarten. Hackern werde eine Hintertür in die Wohnung geöffnet, so Kritiker.

Da die für die Energieerzeugung relevanten Daten auch mit existierenden Mitteln zu erfassen wären, ziele das Gesetz nur auf die »Förderung der digitalen Wirtschaft und Wohnungswirtschaft«, so Marion Jungbluth von der Bundesverbraucherzentrale. Die Stromkunden müssten selbst über den Einbau entscheiden können, fordert sie.

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