Leichtathletiksumpf betrifft auch Londons Spiele

Doping, Erpressung und Vertuschung in der Weltleichtathletik: Olympiasieger stehen unter Verdacht

  • Dominik Kortus
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Sumpf aus Doping, Erpressung und Vertuschung in der Weltleichtathletik hat nun auch die Olympische Spiele erreicht. Olympiamedaillen bei den Spielen 2012 in London sollen erkauft worden sein.

Nach Informationen der englischen Tageszeitung »The Sunday Times« sollen im Vorfeld der Sommerspiele 2012 Zahlungen in siebenstelliger Höhe die Dopingsperren von acht russischen Athleten verhindert haben. Darunter sind angeblich auch ein späterer Gold- sowie ein Silbermedaillengewinner.

Im Mittelpunkt des Skandals steht der langjährige Präsident des Weltverbandes IAAF, Lamine Diack. Gegen den Senegalesen und weitere Beschuldigte, darunter Gabriel Dolle, ehemaliger Anti-Doping-Direktor der IAAF, ist in Frankreich mittlerweile ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Bestechlichkeit und Korruption eingeleitet worden. Sie sollen insgesamt 1,2 Millionen Euro kassiert haben, damit des Dopings überführte Athleten weiter an Wettbewerben teilnehmen konnten.

Am Montag stellt in Genf die unabhängige Untersuchungskommission der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) ihren Bericht vor. Die Kommission war nach den Enthüllungen durch die ARD und der »Sunday Times« Ende des vergangenen Jahres eingerichtet worden. »Der Inhalt dieses Berichts wird den Sport grundlegend verändern. Dies ist eine ganz andere Dimension an Korruption als im FIFA-Skandal«, sagte Richard McLaren, Mitglied der WADA-Kommission.

Nach tagelangem Schweigen meldete sich am Wochenende auch der neue IAAF-Präsident Sebastian Coe zu Wort. »Dies sind traurige Tage für unseren Sport«, sagte der ehemalige britische Mittelstreckler und zweimalige Olympiasieger über 1500 Meter der BBC. Zuvor hatte er in einem Statement bereits erklärt: »Dass Leute in unserem Sport angeblich Geld von überführten Dopingsündern erpresst haben, ist widerlich,.«

Doch Coes Verhalten in der Affäre ist zumindest fragwürdig. Nach Bekanntwerden der Affäre hatte der 59-Jährige die Vorwürfe noch als »Kriegserklärung an die Sportart« tituliert. Bei den WM in Peking Ende August bezeichnete er die Leichtathletik als »augenscheinlich saubere Sportart« und kritisierte Medien wegen »einseitiger Darstellungen«.

Dabei liest sich die von der »Sunday Times« nun enthüllte Vorgehensweise der Beschuldigten eher wie das Drehbuch eines Mafiafilms. So soll im Vorfeld der Olympischen Spiele das IAAF-Expertengremium Sanktionen gegen die acht russischen Athleten befürwortet haben, die Behandlung der Fälle sei jedoch überraschend Diacks Anwalt Habib Cissé übertragen worden - obwohl dieser nichts mit dem Anti-Doping-Programm der IAAF zu tun gehabt habe.

Bei den betreffenden Athleten sollen im Jahr vor Olympia bei Kontrollen Unregelmäßigkeiten im sogenannten Blutpass aufgetaucht sein, die Rückschlüsse auf den Gebrauch von EPO oder auf illegales Blutdoping gaben. Cissé habe die Liste darauf dem russischen Leichtathletikverband übergeben und einen Deal ausgehandelt, zitiert die »Sunday Times« einen Informanten. Auch gegen Cissé wird in Frankreich ermittelt.

Bereits am letzten Donnerstag hatten französische Medien berichtet, dass auch Diacks Söhne Pape Massata Diack und Khalil Diack der Erpressung beschuldigt werden. Sie sollen 500 000 Dollar von der türkischen 1500-m-Läuferin Asli Cakir Alptekin verlangt haben, um ihr Dopingvergehen zu vertuschen. Die Olympiasiegerin von London soll abgelehnt haben, mittlerweile ist sie für acht Jahre gesperrt und hat ihr Olympiagold verloren. Die Diack-Familie habe derweil eine Firma in Singapur für die Geldtransfers unterhalten. SID/nd

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