Freundliche Flüchtlingskinder

Bildungsminister Günter Baaske stellt Eingliederungsprogramm vor

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.
Im laufenden Jahr sind 1500 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge nach Brandenburg gekommen. Der Bildungsminister setzt auf Pflegefamilien.

Selbst wenn im kommenden Jahr noch einmal 4000 Flüchtlingskinder nach Brandenburg kämen, »würde uns das nicht umwerfen«, sagte Bildungsminister Günter Baaske (SPD), als er am Montag das Eingliederungsprogramm seines Ressorts präsentierte.

Er nehme an den Schulen des Bundeslandes die Bereitschaft wahr, sich der Aufgabe zu stellen, sagte Baaske. Mit zusätzlichen 337 Lehrerstellen bemühe sich das Ministerium, dies den verschiedenen Bildungsstätten auch zu ermöglichen. Durch die Flüchtlingskinder würde sich die Gesamtzahl der Schüler um zwei bis drei Prozent erhöhen, also insgesamt gesehen nicht wesentlich. Dennoch räumte Baaske ein: »In einigen Kommunen treten Fragen auf.« Unmittelbarer Widerstand aus der Lehrerschaft sei ihm nur in einem einzigen Fall bekanntgeworden. »Ein Kollege soll sich daneben benommen haben. Das ist eine unrühmliche Ausnahme. Ich habe die Schulleiterin gebeten, sich darum zu kümmern.«

Tatsächlich in Schwierigkeiten geraten nach Darstellung Baaskes weniger die Vorschule und die Schule, als vielmehr die kreisliche Jugendhilfe, denn zu den 4100 Kindern, die ohnehin schon von der Jugendhilfe betreut werden, seien im laufenden Jahr noch einmal 1500 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge hinzugestoßen. Baaske dankte den Landtagsfraktionen SPD, LINKE, CDU und Grüne dafür, dass sie problemlos und mit hoher Geschwindigkeit einer notwendigen Änderung des Jugendhilfegesetzes zugestimmt haben.

»Ich setze auf Pflegefamilien«, erklärte der Minister. Angesichts des guten Charakters und der Freundlichkeit der jungen Flüchtlinge, die sich in ihrem Benehmen deutlich von dem Auftreten der Kinder unterscheiden, mit denen es die Jugendhilfe sonst oft zu tun hat, setzte Baaske ein wenig hemdsärmelig hinzu: »Die kann man mit nach Hause nehmen. Manch einer wünscht sich so etwas als Schwiegersohn.« Unterbringung, Ernährung, Transport und Betreuung verursachen pro betreutem Kind Jahreskosten in Höhe von 23 000 Euro. Weil die Standards verbessert werden sollen, werde sich diese Summe erhöhen, erklärte der Minister. Er stehe mit dem Finanzministerium deswegen in Verhandlungen zum Nachtragshaushalt.

Nach langen Verzögerungen ist nun der Deutschunterricht flächendeckend angelaufen. Baaske sprach von landesweit 246 Kursen, in denen Deutsch als Fremdsprache vermittelt werde und von etwa 4000 Plätzen in diesen Kursen. Allerdings sind bislang rund 30 000 Flüchtlinge in Brandenburg untergekommen. »Ich hoffe, dass sie Spaß am Deutschunterricht haben«, wünschte Baaske. Lehrer werden weiter händeringend gesucht, räumte er auf Nachfrage ein, und vor allem auch Ausbilder für diese Lehrer.

Für die Schulen habe der Zuzug von Flüchtlingskindern oft eine positive Wirkung, merkte Baaske an. Diese Kinder seien oft motivierter als die Einheimischen und könnten ihre Defizite in Deutsch durch gute Leistungen in Mathematik oder Physik ausgleichen. »Das hat eine anspornende Wirkung auf die deutschen Mitschüler.« Außerdem gebe es Schulen, die sich nun keine Sorgen mehr machen müssen, geschlossen zu werden. Dass die aus der berühmten Fernsehdokumentation bekannte Schule von Golzow durch Flüchtlingskinder gerettet werden konnte, sei schon bekannt. Aber auch andere Schulen können »aufatmen«. Mitunter seien syrischen Flüchtlingskinder »die Rettung in höchster Not« gewesen.

Pro Kind sei zusätzlich eine Lehrerwochenstunde zu gewähren, der Umgang mit den Neuankömmlingen an den Schulen sei durchaus unterschiedlich. »Da probiert jede Schule etwas anderes aus und schwört auf ihr System.« Wichtig sei, dass diese Schüler »viel mit deutschsprachigen Kindern zusammenkommen.« Keinen Überblick hat Baaske über Flüchtlingskinder in Kitas. Dies sei regional unterschiedlich verbreitet.

Wenn jugendliche Flüchtlinge Zeugnisse aus ihren Heimatländern vorlegen, dann wissen zum Beispiel Handwerksmeister in der Regel nicht, was diese Zeugnisse wert sind. Inzwischen seien die Mittel bewilligt für einen zweijährigen Kurs, an dessen Ende die Berufsbildungsreife stehe, erläuterte Baaske. Der Kurs beinhalte jeden Tag Deutsch, aber auch Englisch, Mathematik und berufsspezifische Fächer. Auch gehe es in dieser Zeit darum, die ausländischen jungen Menschen mit Gepflogenheiten wie Pünktlichkeit vertraut zu machen.

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