Anonyme Fundis

Netzwoche

  • Jürgen Amendt
  • Lesedauer: 2 Min.

Diese Attentate können nicht ungestraft bleiben - wir erklären deshalb dem Islamischen Staat den Krieg«. Mit diesen martialischen Worten hat vor wenigen Tagen das Hackerkollektiv Anonymous in einer Video-Botschaft den »Kampf gegen das Gesindel des IS« verkündet. Kaum war das Video in den sozialen Netzwerken, stürzten sich auch schon die traditionellen Medien auf das Thema. Von bild.de bis zeit.de, bild.de und focus.de wurde über die Kampfansage von Anonymous berichtet.

Wer aber wirklich hinter der Botschaft steckt, weiß man nicht. Verkündet wurde die Kampfansage von einer Person in einem schwarzen Kapuzenpulli mit einer Guy-Fawkes-Maske, mit der der Protagonist der in den 1980er Jahren entstandenen und 2005 verfilmten Graphic-Novel »V wie Vandetta« agiert. Angeblich hat Anonymous in den vergangenen Tagen bereits mehr als 5500 Twitter-Konten von IS-Anhängern lahmgelegt.

Ob das stimmt, wissen wir ebenfalls nicht. Das Webportal heise.de weist darauf hin, dass Anonymous lediglich »ein lose organisiertes Hacker-Netzwerk« ist, »dessen Aktivitäten nur schwer zu verfolgen sind«. Dementsprechend könne »jeder von ihnen sich eine Guy-Fawkes-Maske aufsetzen, ein Video aufnehmen und zu einer solchen Operation aufrufen«.

Es ist nicht das erste Mal, dass von Anonymous den Dschihadisten der Kampf angesagt wird. Bereits nach dem Anschlag auf die Redaktion des französischen Satiremagazins »Charlie Hebdo« im Januar griffen Hacker Hunderte Social-Media-Konten an. Nach Angaben des US-amerikanischen Magazins »Foreign Policy« sollen 149 dem IS-zugeschriebene Webseiten, annähernd 6000 Propaganda-Videos und mehr als 100 000 Twitter-Accounts so zum Absturz gebracht worden sein.

Die von vielen Medien in den vergangenen Tagen verbreitete Meldung, dass das Jungmännervolk des IS für Propaganda und Kommunikation nicht nur Twitter nutzt, sondern Nachrichten über die PlayStation 4 (PS 4) verschickt, ist indes nur eine Mutmaßung. Man stützt sich auf eine Äußerung des belgischen Innenministers Jan Jambon und kombiniert diese mit der Information, dass nach Polizeiangaben in der Wohnung eines der Terrorverdächtigen in Brüssel eine solche Spielkonsole gefunden worden sei. Allerdings hatte Jambon einige Tage vor den Anschlägen in Paris lediglich darauf hingewiesen, dass die PS 4 schwerer abzuhören sei als etwa der Smartphone-Messenger WhatsApp.

Übrigens: Das historische Vorbild für die eingangs erwähnte Guy-Fawkes-Maske war ein katholischer englischer Offizier, der 1605 durch ein Sprengstoffattentat den protestantischen König Jakob I. und sämtliche Mitglieder des Parlaments in London töten wollte. Guy Fawkes’ Feinde waren erklärtermaßen alle Protestanten. Dass im 21. Jahrhundert Computerhacker das Abbild eines religiösen Fanatikers aus dem 17. Jahrhundert zur Camouflage nutzen, hat durchaus eine ironische Note.

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