Kunst samt Haus zu verkaufen
Der Florist Thomas Greb lädt zu einer Adventsausstellung in sein Domizil in Liebenwalde
Am Wochenende wird in der Nähe von Liebenwalde ein Wohnhaus zur Ausstellungsfläche. Hausbesitzer Thomas Greb, ein Florist der Spitzenklasse, hat sich dafür noch zwei Künstler eingeladen: Petra Horn, die Bilder auf Möbel malt, und Friedrich Michael Schreiber, der Waldgötter kreiert. Alles, was im Haus gezeigt wird, kann man kaufen: Stühle, Tische, Lampen, Kunst. »Man kann auch das Haus komplett mit Inhalt kaufen«, sagt Greb. Denn er will bald nach Detroit auswandern. Das Haus steht mitten im Wald, vier Kilometer von Liebenwalde entfernt. Dass dieses Anwesen bewohnt ist, verrät ein dünnes Stromkabel, das kilometerlang durch die Bäume gehängt wurde. In dem 1799 erbauten Haus erkennt man nicht auf Anhieb, welchen Zweck die Einrichtung hat. Immerhin, das Esszimmer hat einen Tisch.
Thomas Greb ist Stylist für Interieur und wohnt selbst zwischen historischen Figurtapeten, Masken aus den 1920er Jahren, Stilmöbeln aus der Epoche des Biedermeier, einem Scherbenschrank aus Südafrika und einem zwei Meter hohen Kronleuchter aus Muranoglas, den man eher im Hotel »Intercontinental« in Cannes vermutet als in der märkischen Heide.
Das Haus ist eine ehemalige Waldarbeiterherberge. Zwei Familien lebten hier. Vor acht Jahren fand Greb die Ruine mit einer Freundin. Er ließ das Haus reparieren und die Patina konservieren. Die alten Türen tragen schwer an ihren Lackschichten, die Dielen erinnern an das ochsenblut-farbene Bohnerwachs aus DDR-Zeiten. Jede Ära hatte ihre eigene Wandschicht. »Mich interessiert das Leben dieser Dinge, die Kratzer der Vergangenheit«, sagt Greb.
Er machte eine Ausbildung als Florist in Minden, bei einem Weltmeister. Das war Referenz genug. Zehn Jahre verbrachte er in Hamburg, dort arbeitete er als Blumenbinder, gewann einen renommierten Floristenpreis. Ein Jahr lang übernahm er einen Laden im Atlantik-Hotel und traf einflussreiche Leute, für die er große Aufträge ausführte.
Eine Qualifizierung zum Meister brach Greb ab, ging stattdessen 1993 nach Schwerin, um Gabelstapelfahrerinnen zu Floristinnen umzuschulen. Seine Ladenwohnung in Hamburg behielt er als Spielwiese, gestaltete das Schaufenster alle vier Wochen neu. Dazu kamen die Echoverleihungen in Hamburg, die er ausstaffierte, und erste Produktionen für die Zeitschrift »Elle«.
1998 wechselte der Florist nach Berlin und blieb dort zehn Jahre. Er inszenierte eine Aftershowparty für die Sängerin Madonna, dekorierte Friseursalons, Filialen der Textilkette C&A, Messestände. In den Schaufenstern des KaDeWe gestaltete er für das Weihnachtsgeschäft alles in Weiß mit Rahmen aus Spiegelscherben, Austernschalen und Islandmoos.
Einmal dekorierte Grebs einen Tisch für den angesagten Architekten Jürgen Mayer H.. »Es musste alles sehr reduziert sein. Der Raum wirkte ja schon durch seine elliptische Form.« Greb baute auf dem Tisch das Brandenburger Tor mit Briketts auf, legte graues Tonpapier unter die Teller und graue Wolle auf den Tisch. »Der Architekt war begeistert. Ich habe ihm nicht die Show gestohlen und hatte doch auch meine eigene.«
»Ich suche mutige Auftraggeber, keine Kunden«, steht auf der Internetseite von Grebs. »Ich merke bei der Kommunikation, ob ich mit den Leuten arbeiten möchte. Meist entscheide ich aus dem Bauch heraus. Es müssen Leute sein, die meine Arbeit verstehen. Das sind nicht unbedingt Leute, die Geld haben. Das sind vor allem Leute, die offen sind, keine Angst haben, Menschen mit wenig Konventionen im Kopf.«
Adventsausstellung vom 20. bis 22. November, 12 bis 18 Uhr, Rehhorster Weg 3 in Liebenwalde
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