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Aufgeben gilt nicht!

In mühevoller Kleinarbeit wird in Simbabwe Boden urbar gemacht

  • Martin Zint, Weltfriedensdienst
  • Lesedauer: 4 Min.
... und ungefähr 20 Jahre später.
... und ungefähr 20 Jahre später.

»Bei meiner Ankunft in dem Dorf Chikukwa besaß ich nichts als einen Hahn und die Kleidung, die ich trug«, erzählt der Bauer Julious Piti. »Hals über Kopf hatte ich mein Heimatdorf in Mosambik verlassen müssen. Es herrschte Krieg, und Jungen wie ich wurden an die Waffe gezwungen oder umgebracht. Dass ich überlebt habe, verdanke ich meinen Eltern. Sie haben mir und meinen acht Brüdern beigebracht, hart zu arbeiten, statt zu resignieren. Zwei Jahre schuftete ich bei einem Farmer, um mich über Wasser zu halten. Ich konnte etwas Geld zusammensparen und endlich mit 14 Jahren zur Schule gehen. Ich wollte alles wissen.

Aber schnell merkte ich: In meiner neuen Heimat gibt es ein großes Problem. Die Berge ringsherum waren kahl, die Bäume gefällt, Gräser und Sträucher abgebrannt. Die fruchtbare Erde wurde bei Regen einfach weggespült. Das Wasser konnte nicht mehr im Boden versickern und die Wasserstellen auffüllen. Die Frauen mussten weiter und weiter laufen, um Wasser zu holen. Ernten fielen aus, die Gärten und Felder verdorrten. Die Menschen der Region - insgesamt etwa 8000 Männer, Frauen und Kinder - wussten nicht mehr, wovon sie leben sollten. Es musste etwas geschehen!

Gemeinsam mit Frauen und Männern aus der Nachbarschaft gründete ich den Club Nyuchi Dzakasimba («Die fleißigen Bienen»). Bei einem Kurs über nachhaltige Landwirtschaft erfuhren wir, wie man Schritt für Schritt das Land und damit das Wasser zurückgewinnen kann und wie wir die Natur nutzen können, ohne sie zu zerstören.

Als erstes nahmen wir den Kwaedza in Angriff. Er ist der «Hausberg» von Chikukwa. Seine Quellen, die seit jeher die umliegenden Dörfer mit Wasser versorgt hatten, waren ausgetrocknet. Wir ahnten, der Versuch, ihn wieder zum Wasserspender zu machen, würde uns mehrere Jahre beschäftigen. So beschlossen wir, einfach nicht von der Arbeit aufzuschauen.

Allein die Arbeit, die Rinnen mit Steinen und Erde zu füllen, dauerte Monate! Als uns beim Bearbeiten des steinharten Bodens die Hacken und Spaten förmlich in den Händen zerbrachen, standen wir mehrmals davor aufzugeben. Doch nach und nach schlossen sich uns immer mehr Dorfbewohner an. Gemeinsam schütteten wir Wälle auf, hackten Pflanzlöcher für Bäume in den Boden und pflanzten anspruchsloses und widerstandsfähiges Gras entlang der Höhenlinien.

Dadurch konnte der Boden nicht mehr fortgespült werden, und das Regenwasser konnte versickern. Natürlich mussten wir auch Zäune zum Schutz der Setzlinge vor dem Vieh errichten. Würde das wirklich das Quellwasser wiederbringen? Oder hatten wir all die Arbeit vergeblich geleistet?

Wer nicht dabei war, kann sich nicht vorstellen, wie uns zumute war, als nach drei Jahren schwerer Arbeit, des Hoffens und Wartens aus der ersten Quelle wieder Wasser sprudelte! Mit der Zeit und dank fortwährender Pflege begannen Bäume, Sträucher und Gräser zu wachsen. Heute kann ich am Kwaedza mit meiner Frau im Schatten der Bäume sitzen. Wir schauen unseren vier Kindern beim Versteckspielen zu und können uns an dem zurückgekehrten Leben nicht satt sehen.

Ringsum war die Not noch immer groß. Wir kamen auf die Idee, ein Zentrum für nachhaltige Landwirtschaft zu errichten. Hier sollten die Leute aus den Dörfern der Umgebung lernen, wie man verlorenes Land wieder urbar machen kann; und wie man im Einklang mit der Natur genug erwirtschaften kann, um die Familie zu ernähren. Uns war klar, das konnten wir nicht allein und vor allem nicht nebenher schaffen. Der nächste Schritt war deshalb die Suche nach Unterstützung von außen. Wir haben lange darüber diskutiert. Manche konnten sich nicht vorstellen, dass jemand einfach etwas gibt, ohne dass er direkt etwas zurück haben will. Aber hatten wir nicht selbst das Gegenteil am Kwaedza bewiesen? Und so beschlossen wir, es zu wagen. Und wir haben es nie bereut.«

Mit Unterstützung des Weltfriedensdienstes konnte das Ausbildungszentrum in Chikukwa aufgebaut werden. Zunächst war es für die Leute aus der Umgebung gedacht, aber schnell sprachen sich die Erfolge herum. Heute kommen sie aus dem ganzen Distrikt, aus ganz Simbabwe und manchmal sogar von weiter her! Bauern zeigen hier anderen Bauern, wie man Saatgut gewinnt, Kräuter anbaut, natürlichen Dünger herstellt. Und die Kursteilnehmer lernen auch, eigene Dorfprojekte zu planen und ihr Wissen weiterzugeben. Dabei unterstützt das Zentrum sie, aber mehr und mehr werden Ehemalige selbst zu Trainern. Einfache, praktische Kenntnisse erwerben mittlerweile schon die Kinder in der Schule.

Der Weltfriedensdienst unterstützt TSURO dabei, diese Erfahrungen über die Grenzen der Dorfgemeinschaften von Chikukwa hinaus zu tragen. Wie in Simbabwe unterstützen wir weltweit mit Modellprojekten Selbsthilfeinitiativen dabei, ihre Erfahrungen zu verbreiten.

»Die Unterstützung aus Deutschland gibt mir immer wieder Hoffnung, weil ich sehen kann, wie gute Dinge wachsen«, macht Julious Piti die Bedeutung der Spenden klar.

Unser Autor ist beim Weltfriedensdienst für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit verantwortlich

Der Berg Kwaedza etwa im Jahre 1990 ...
Der Berg Kwaedza etwa im Jahre 1990 ...
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