Der Enttäuschung folgt der Hammer

Dortmund gewinnt in letzter Sekunde bei Wolfsburg und profitiert vom Münchner Patzer

  • Max Zeising, Wolfsburg
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Schlussphase im Wolfsburger Stadion hätte emotionaler nicht verlaufen können: Erst glich der VfL aus, dann schlug der BVB zurück. So verkürzte Dortmund den Abstand zum FC Bayern auf fünf Punkte.

Neven Subotic stand in den Katakomben des Wolfsburger Fußballstadions und war zu Scherzen aufgelegt. Der Abwehrspieler von Borussia Dortmund, der zum ersten Mal seit dreieinhalb Monaten wieder in einem Bundesligaspiel auf dem Platz stand, sorgte beim Rückblick auf diese lange Zeit des Wartens für einige schmunzelnde Gesichter. »Das dauerte ja länger als unser Sommerurlaub«, sagte er - und musste selbst am meisten über diesen Vergleich lachen.

Subotic, der unter Trainer Thomas Tuchel - anders als unter Vorgänger Jürgen Klopp - kaum berücksichtigt wird und nur deshab spielte, weil die etatmäßigen Innenverteidiger Mats Hummels und Sokratis derzeit krankheitsbedingt ausfallen, war über seinen Einsatz mehr als glücklich. Und die Gerüchte, Subotic könnte in der Winterpause zu Klopp nach Liverpool wechseln, schienen für einen Moment vergessen.

Vielleicht dachte der 26-Jährige in diesem Augenblick aber gar nicht so sehr an sich selbst, sondern war einfach nur froh darüber, dass seine Mannschaft nach einer höchst emotionalen Schlussphase in Wolfsburg als knapper 2:1-Sieger vom Platz gegangen war. Mehr noch: Dass sie nach dem Patzer des FC Bayern München, der zuvor bei Borussia Mönchengladbach verloren hatte, das Titelrennen wieder etwas spannender machte und den Abstand auf fünf Punkte verkürzte.

Nur wenige Minuten zuvor hatten Subotic und seinen Mannschaftskollegen die Schweißperlen auf der Stirn gestanden. In der Nachspielzeit - die Dortmunder führten nach einem Fehler des Wolfsburgers Josuha Guilavogui im Spielaufbau und einem Tor von Marco Reus (32.) mit 1:0 - überschlugen sich die Ereignisse. Das furiose Finale begann mit einem Foul des Dortmunder Rechtsverteidigers Lukas Piszczek an Andre Schürrle im eigenen Strafraum. Ricardo Rodriguez verwandelte den fälligen Elfmeter bereits in der Nachspielzeit und sorgte mit dem Ausgleich für eine kurzzeitige Schockstarre bei den Dortmundern.

Dann aber flankte Henrikh Mkhitaryan auf Shinji Kagawa. Der Japaner verwertete die Hereingabe aus kurzer Distanz zur erneuten Führung - und löste damit wieder alle Fesseln bei den Gästen. Die Dortmunder Spieler jubelten, ihre Fans sprangen auf, und Thomas Tuchel verlor sogar derart die Kontrolle, dass ihn Schiedsrichter Tobias Stieler auf die Tribüne verwies. Als Stieler die Partie wenige Sekunden später abpfiff, konnte sich dann auch Tuchel wieder freuen.

Anschließend gewährte Dortmunds Trainer einen kurzen Einblick in sein Gefühlsleben. »Der Elfmeter war eine große Enttäuschung«, sagte er zunächst, um einen Satz später hinzuzufügen: »Das ist Hammer, trotzdem noch zu gewinnen.« Währenddessen beschäftigte sich Wolfsburgs Übungsleiter Dieter Hecking mit dem Verhalten seiner Mannschaft nach dem Ausgleich: »Nach dem Anstoß zum 1:1 haben wir zu schnell den Ball hergegeben. Du wirst bestraft, obwohl du einen Riesenaufwand betrieben hast.«

Auch die Spieler des FC Bayern München werden sich darüber ein wenig geärgert haben. Obwohl sie selbst die Schuld dafür tragen, dass der Kampf um die deutsche Meisterschaft nun wieder ein wenig spannender geworden ist. Vor dem Spitzensspiel zwischen Wolfsburg und Dortmund hatten sie bei Borussia Mönchengladbach 1:3 verloren, damit ihre erste Saisonniederlage kassiert und dem BVB die Steilvorlage geliefert. Nach Toren der Gladbacher Oscar Wendt (54.), Lars Stindl (66.) und Fabian Johnson (68.) konnte Rückkehrer Frank Ribery nur noch den Anschlusstreffer erzielen (81.).

Doch zumindest auf Seiten der Dortmunder wollte sich an diesem Abend noch niemand mit dem Titelrennen beschäftigen. Zu ereignisreich war die Schlussphase in Wolfsburg. Die musste erst einmal verarbeitet werden. »Ich habe noch gar nicht auf die Tabelle geschaut. Denn es schien ja, als müssten wir mit einem 1:1 leben«, sagte Neven Subotic. Ähnlich äußerte sich auch Torhüter Roman Bürki: »Die Tabelle interessiert uns erst am Saisonende. Nicht einmal die Hälfte der Spielzeit ist vorbei.«

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