Münchner Inszenierung

Beate Zschäpes Aussage – eine Wende?

  • René Heilig
  • Lesedauer: 3 Min.

Auftritt Zschäpe? An diesem Mittwoch gilt es? – Wir werden sehen und vor allem hören. Auf gut 50 Seiten soll alles Wesentliche zum Beitrag der Beate Zschäpe innerhalb des Mordnetzwerkes Nationalsozialistischer Untergrund, kurz NSU, zusammengefasst sein, heißt es. Das ist nur möglich, wenn Rechtsanwalt Mathias Grasel, der die angeblich umfangreichen Einlassungen seiner Mandantin zu allen Tatvorwürfen in rund 90 Minuten vorlesen will, nur in Stichworten redet.

Doch um die Wahrheit zum Thema NSU geht es ja gar nicht. Wieso auch. Die Prozessordnung lässt es zu, dass ein Angeklagter das Blaue vom Himmel herab lügen kann, wenn es darum geht, das zu erwartende Strafmaß zu mindern. Zschäpe will in einem besseren Licht erscheinen. Die bisherige Strategie des Schweigens nutzt ihr offenbar nicht mehr. Doch bereits die Art, wie die »Aussage« der Angeklagten inszeniert wurde, macht die Frage nötig: Wie lange will sich das Münchner Gericht noch vorführen lassen? Schon mehrfach war die Verlesung der von den neuen Zschäpe-Anwälten aufgesetzten Schrift angekündigt worden. In der vergangenen Woche hieß es: Am Dienstag passiert es. Doch am Montag dieser Woche machte plötzlich die Nachricht von einem Nervenzusammenbruch der Angeklagten die Runde. Der schien am Dienstag bestens überstanden, berichten Prozessbeobachter. Die Verlesung wurde dennoch verschoben. Nun also soll der Mittwoch die »Wende« im Prozess bringen.

Wende? Zschäpe ist also unschuldig? Alles andere wäre keine Wende, auch wenn die medial tüchtigen Verteidiger - Mathias Grasel und sein Kanzleichef Hermann Borchert - den Schriftsatz gerne so verkaufen wollen.

Der Vorsitzende Richter Manfred Götzl wollte von den beiden erfahren, wie denn das mit der Befragung ihrer Mandantin vorangehen soll. Man bitte die Kammer um schriftlich eingereichte Fragen, kam als Antwort. Und noch nicht gleich am Mittwoch. Denn da sei die Belastung für die Frau Zschäpe noch zu groß.

Welche Belastung? Zschäpe wollte doch ihr ursprüngliches Verteidiger-Team Anja Sturm, Wolfgang Heer und Wolfgang Stahl schon seit Wochen in die Wüste schicken, damit sie sich endlich alles von der Seele reden kann. Nun macht sie einen ihrer neuen Rechtsanwälte zur Sprachmaschine und ist dadurch fix und fertig? Kann man am Donnerstag mit Antworten rechnen? Eher nein, so Grasel zum Vorsitzenden. Warum? Klar, die Belastung…

Dass Zschäpe, Grasel und Borchert die Nebenklage generell vom Fragerecht ausgeschlossen hat, kann nicht anders als ein Affront gegenüber den Opfern des NSU-Terrors gewertet werden und lässt zusätzlich Zweifel an einer echten Prozesswende aufkommen. Interessant wird die Rolle der Anklagevertretung sein. Die Bundesanwaltschaft hat eine so miserable Anklage zusammengezimmert, dass ihr alles recht sein kann, was wenigstens einige der darin enthaltenen Mutmaßungen stützt.

Wirklich interessant wird am Mittwoch aber, ob Beate Zschäpe wenigstens einmal den Mund aufmachen muss. Juristen sagen: Die Prozessordnung verlangt, sie als Angeklagte muss bestätigen, dass alles, was in ihrem Namen gesprochen wurde, auch ihrem Willen entspricht. Laut und deutlich. Fürs Protokoll.

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