Kein Pardon bei Arbeitszeitbetrug

Kündigungsfälle

  • Lesedauer: 3 Min.
Wer falsche Angaben zu seiner Arbeitszeit macht, der muss mit einer fristlosen Kündigung rechnen. Denn das zerstöre das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

Diese Auffassung vertrat das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (Az. 5 Sa 68/15).

Wie die telefonische Rechtsberatung der Deutschen Anwaltshotline (D-AH) berichtet, arbeitete eine mobile Pflegerin seit 15 Jahren in einem Betreuungsverein. Die Anfahrt zu den einzelnen Patienten bekam die Angestellte vom Verein erstattet. Es geschah nun, dass die Pflegerin zwei Fahrten angab, ohne dort gewesen zu sein. Als der Betrug aufflog, kündigte ihr der Arbeitgeber fristlos. Dagegen ging die Pflegerin vor Gericht.

Doch das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz stellte sich auf die Seite des Vereins. Die fristlose Kündigung sei rechtens. Denn der Arbeitgeber müsse sich stets auf die Ehrlichkeit seiner Mitarbeiter verlassen können. Dokumentiert ein Angestellter diese vorsätzlich falsch, so liege ein schwerer Vertrauensmissbrauch vor.

»In diesem Fall, jedoch nicht immer, rechtfertigt der Arbeitszeitbetrug eine fristlose Kündigung auch ohne vorherige Abmahnung«, erklärt dazu Rechtsanwalt Frank Böckhaus den Fall. Es sei dem Arbeitgeber auch nicht zuzumuten gewesen, die Angestellte noch in der dreimonatigen Kündigungsfrist zu beschäftigen, so das Gericht. Daher sei eine fristlose Kündigung die richtige Konsequenz gewesen.

Keine Kündigung nach einer Tätlichkeit

Wer seinen Kollegen am Kragen packt und ihn bedroht, weil der einen Verstoß gegen die Dienstanweisungen melden möchte, der kann trotzdem nicht ohne Weiteres fristlos entlassen werden.

So urteilte das Landesarbeitsgericht Hamm (Az. 13 Sa 576/15), wie die telefonische Rechtsberatung der Deutschen Anwaltshotline berichtet. Im besagten Fall arbeitete ein Kraftfahrer seit über drei Jahren für ein Unternehmen. Seine Firma wies ihn an, das Rolltor der Ladezone nach 22 Uhr immer abzuschließen. Daran hielt sich der Fahrer aber nicht. Das fiel einem Kollegen auf, der ihn zur Rede stellte und drohte, seine Nachlässigkeit zu melden. Daraufhin packte der Lkw-Fahrer seinen Kollegen am Kragen, ließ ihn aber kurz darauf los.

Als der Vorfall herauskam, kündigte der Betrieb dem Fahrer fristlos. Er war bereits vorher wegen aggressiven Verhaltens und Unpünktlichkeit abgemahnt worden. Gegen die Kündigung zog er vor Gericht.

Das Landesarbeitsgericht Hamm erklärte die fristlose Kündigung für unwirksam. Grundsätzlich können Handgreiflichkeiten zwar einen Kündigungsgrund darstellen. Arbeitnehmer hätten die arbeitsvertragliche Pflicht, ihre Konflikte untereinander friedlich oder im Zweifelsfall mit Hilfe des Vorgesetzten zu lösen, so das Gericht.

Es komme aber auf die Intensität an. Der Angriff sei im Verhältnis zu anderen denkbaren Tätlichkeiten wenig intensiv abgelaufen, urteilte das Gericht. Dem Kläger kommt auch zugute, dass er bereits dreieinhalb Jahre angestellt sowie seiner Frau und zwei Kindern unterhaltspflichtig ist. »Höchstens eine fristgemäße Kündigung wäre denkbar, weil der Kraftfahrer bereits vorher wegen solchen Verhaltens abgemahnt worden ist«, erklärt Rechtsanwalt Frank Böckhaus zu dem Fall. Die Abmahnungen seien aber für die hier vorliegende fristlose Kündigung irrelevant. D-AH/nd

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