Lasst uns froh und munter sein
Der Heppenheimer Hiob über die willkürliche Interpretation des GfK-Konsumklimaindex
Es gab keinen Schnee, keine Kälte. Der Glühwein schmeckte nicht und es kam keine Stimmung auf. Weihnachten 2015 schien wirklich traurig zu werden. Bis kurz vor dem Fest die Medien etwas aus dem Hut zauberten. Einen Index nämlich, das Patentmittel gegen Niedergeschlagenheit in diesem Land. Der GfK-Klimakonsumindex kam gerade noch rechtzeitig gegen Christmas-Blues, gegen schneelose Nicht-Weihnachtsstimmung. Er wurde zum Volltreffer hochgeschrieben. Nach vier Monaten, in denen er gefallen war, stieg er im Dezember wieder mal an. Die Menschen in Deutschland, so erzählten die Nachrichten auf allen Kanälen, hätten wieder Zuversicht und dicke Geldbörsen, einen »ausgeprägten Einkommensoptimismus«, wie man das an mancher Stelle bezeichnete. Solche Botschaften heben die Stimmung. Plötzlich in den Glauben versetzt zu werden, dass man nicht knapsen muss, ausgeben und konsumieren kann und einem die Welt der Warenhäuser zu Füßen liegt, ist ja nicht übel. Insbesondere so kurz vor dem wichtigsten Fest der materiellen Christenheit.
Doch die Nachricht war fingiert. Die GfK hat zwar nicht gelogen, als sie einen Anstieg nach mehrmaligen Abfall feststellte. Um sage und schreibe 0,1 Prozent. Er lag jetzt kurz vor dem Fest auf 9,4 und nicht mehr auf 9,3 Punkte. Fingiert war aber die Forcierung dieses mickrigen Zuwachses, weil man von April bis August immer bei mindestens 10,0 lag. Nur in vier Monaten des Jahres lag der Wert unterhalb des aktuellen Wertes, der für Festtagsstimmung sorgte. Und als im Juli der Wert um 0,1 Punkte auf 10,1 sank, da unkten schon einige Bericherstatter, dass es mit der Kauflaune der Deutschen nicht mehr so ausgesprochen gut bestellt sei. Kein halbes Jahr später sorgt ein noch geringerer Wert jedoch für allgemeine Zufriedenheit. Und warum? Weil es so gut in die Gemütlichkeit unter dem Tannenbaum passte, zu einem gelungenen Jahresabschluss, zu Festtagsansprachen unserer Feel-Good-Politiker, zu Entenbraten und Rotkohl.
Wir haben einen Preis. Aber keinen Gewinn.
Die »nd.Genossenschaft« gehört den Menschen, die sie ermöglichen: unseren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die mit ihrem Beitrag linken Journalismus für alle sichern: ohne Gewinnmaximierung, Medienkonzern oder Tech-Milliardär.
Dank Ihrer Unterstützung können wir:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ Themen sichtbar machen, die sonst untergehen
→ Stimmen Gehör verschaffen, die oft überhört werden
→ Desinformation Fakten entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und vertiefen
Jetzt »Freiwillig zahlen« und die Finanzierung unserer solidarischen Zeitung unterstützen. Damit nd.bleibt.