Tosquelles meets Deleuze & Guattari: Institutionelle Psychotherapie, Freudomarxismus und Schizoanalyse in Zeiten autoritärer Rechtswende
Das Erstarken autoritärer und faschistischer Bewegungen wirft die Frage nach den Bedingungen ihrer Wiederkehr auf. In der letzten Zeit wurden unterschiedliche Begriffe wie Spätfaschismus, Desaster-Nationalismus oder radikalisierter Konservatismus bemüht, um das Ausmaß der gesellschaftlichen Rechtswende und die Figurationen eines neuen Faschismus diskutierbar zu machen. Dabei wurde u.a. auf die Genese des racial capitalism Bezug genommen, aber auch auf die „Molekularität“ des Faschismus in den Massenaffekten, den Arbeits-, „Rassen“- und Geschlechterteilungen. Mit dieser doppelten Programmatik wurden koloniale Genealogien der Kriegs-, Pogrom- und genozidalen Gewalt mit den Strukturen des historischen Faschismus verglichen, ohne diese in eins zu setzen, während zugleich auf die Komplexität der aktuellen Entwicklungen abgehoben wurde, in denen sich neoliberale, sicherheitslogische und (prä-)faschistische Strategien variabel überlagern.
Vor diesem Hintergrund möchte der Workshop zwei Ansätze diskutieren, die vor allem das Verhältnis von kapitalistischer Vergesellschaftung und psycho-affektiven Strukturen adressiert haben, um damit auch den begehrens- und trieblogischen Bedingungen autoritärer Entwicklungen auf den Grund zu gehen. Durch zwei Vorträge von Elena Vogman und Morten Paul sowie einer gemeinsamen Lektürediskussion sollen die institutionelle Psychotherapie von François Tosquelles und der mikropolitische Ansatz von Gilles Deleuze und Félix Guattari als originelle Fortführungen bzw. Revisionen freudomarxistischer Theorie und Praxis in ein Gespräch gebracht werden und auf ihre Aktualisierbarkeit für die jetzige Situation überprüft werden.
Katja Diefenbach ist Professorin für Kulturphilosophie an der Europa-Universität Frankfurt (Oder) und arbeitet zum Verhältnis von Marxismus und Poststrukturalismus in der französischen Philosophie unter Berücksichtigung von dekolonialen Theorien und Critical Philosophies of Race mit besonderem Schwerpunkt auf der Philosophie des 17. Jahrhunderts.
Morten Paul ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Kulturwissenschaftlichen Institut Essen und forscht zur Faschismustheorie, Literatur- und Ideengeschichte des Freudomarxismus sowie zur historischen Epistemologie der Geisteswissenschaften mit einem Schwerpunkt auf ihren Publikationsformaten.
Francesca Raimondi ist Gastprofessorin für Theoretische Philosophie mit Schwerpunkt Ästhetik an der FU Berlin und arbeitet an den Schnittpunkten zwischen Ästhetik, kritischer Gesellschaftstheorie, Feminismus und politischer Philosophie mit besonderem Augenmerk auf moderne Formen der Subjektivierung und Verkörperung.
Elena Vogman ist Literatur- und Medienwissenschaftlerin. Sie ist Principal Investigator des Forschungsprojekts „Madness, Media, Milieus: Reconfiguring the Humanities in Postwar Europe“ an der Bauhaus-Universität Weimar sowie Visiting Fellow am ICI Berlin Institute for Cultural Inquiry. In ihrer aktuellen Arbeit befasst sie sich mit der Politik des Wahnsinns und deren Schnittstellen zu dekolonialem Denken, Psychoanalyse, Feminismus und institutioneller Psychotherapie.
Das Seminar ist bereits ausgebucht, wir führen aber eine Warteliste.
Kosten: 15 / erm. 10 Euro (inkl. Essen)
Anmeldung erforderlich