Viele Pläne, aber weniger Geld

Koalitionsverhandlungen: Auch konkrete Vorhaben durch geringere Einnahmen gefährdet

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.

»Im Grunde will man ja nicht jede Wasserstandsmeldung der Koalitionsverhandlungen kommentieren«, sagte Pèter Vida, Landtagsfraktionschef der Freien Wähler am Dienstag in Potsdam. Doch wenn sich bei den Verhandlungen zwischen SPD, CDU und Grünen nun herausschäle, dass es keine Bürger-Mitbestimmung beim Thema kommunale Bebauungspläne geben soll, dann müsse er sich äußern. Dies wertete Vida als Einknicken der Grünen. Sowohl die Freien Wähler als auch die Grünen hätten diese Änderung der Kommunalgesetzgebung in ihren Wahlprogrammen verankert. Aus seiner Sicht wäre es »ein wichtiger Beitrag für den sozialen Frieden«, wenn Bürgergruppen hier Einfluss auf die kommunale Planung bekämen.

Keine Alternative ist aus Vidas Sicht, dass Bürger schon heute das Recht haben, »Einwände vorzutragen«. Denn diese könnten ignoriert werden. In anderen Bundesländern sei der Einfluss von Bürgern auf die Ausgestaltung der kommunalen Bebauungspläne gewährleistet. Auch die CDU hätte sich mit einer Zustimmung »keinen Zacken aus der Krone gebrochen«. Der Chef der kleinsten Landtagsfraktion kündigte an, schon zu Beginn der Legislaturperiode einen entsprechenden Antrag im Parlament einzubringen. »Wir wollen die Grünen nicht provozieren, aber sie sollen sich bekennen. Uns ist die Bürgerdemokratie wichtig.«

Angesichts neuster Zahlen von der Flughafenbaustelle wollen die Freien Wähler weiterhin die finanziellen Defizite am BER zum Thema machen. Man sei sehr gespannt, sagte der Abgeordnete Matthias Steffke, »welche Auswirkungen das auf den Landeshaushalt haben wird«. Seine Partei werde thematisieren, dass zwar die Eröffnung im Jahr 2020 wahrscheinlicher geworden sei, aber keineswegs alle betroffenen Haushalte in der räumlichen Nähe von Start- und Landebahn auch schon den zugesagten Schallschutz bekommen haben.

Am Donnerstag soll die letzte Runde der Koalitionsgespräche im Potsdamer Kongress-Hotel beginnen. Dabei tagen parallel sieben Arbeitsgruppen. Doch selbst was dort festgeschrieben wird, muss nicht zwingend im Koalitionsvertrag von SPD, CDU und Grünen stehen, weil in der großen Endrunde dann »gedealt« wird. Dabei soll festgelegt werden, wer sich wo durchsetzen kann, und wer wo Federn lassen muss.

Noch sieht es so aus, dass die beachtliche Geschwindigkeit, mit der in Brandenburg an die Bildung der neuen Regierung gegangen wird, bis zum Schluss durchgehalten werden kann. Zwar hat wohl keiner der drei Partner bislang unüberwindbare Barrieren errichtet, doch stehen Einigungen in wesentlichen Punkten noch aus. Zehn Jahre lang hatten die Grünen sich als Alternative zur Agrarpolitik der SPD und ihres Landwirtschaftsministers Jörg Vogelsänger in Stellung gebracht. Nun haben sie über 60 ungeklärte Punkte allein in dieser Arbeitsgruppe vorgelegt - vom Wolf über den Insektenschutz bis zur Tierhaltung sind noch viele Fragen offen.

Eindeutig die Handschrift der Grünen trägt das Vorhaben, in Brandenburg künftig einen Polizeibeauftragten beim Landtag und eine unabhängige Beschwerdestelle gegenüber der Polizei einzurichten. Die Zahl der Polizeibeamten soll schrittweise auf 8500 steigen, zudem soll es mehr Richter und Staatsanwälte geben. Beim umstrittenen Umgang mit der automatischen Kennzeichenerfassung soll ein Urteil des Verfassungsgerichts abgewartet werden.

In den Sondierungsgesprächen war auch das Thema Abschiebehaft nicht ausdiskutiert worden. Hier könnte Brandenburg künftig vorerst entsprechende Plätze in anderen Bundesländern nutzen. Alle Krankenhausstandorte sollen erhalten und die Investitionen bei 100 Millionen Euro festgeschrieben werden. In Brandenburg ist derzeit das letzte Kita-Jahr beitragsfrei, bis 2024 soll Beitragsfreiheit für drei Jahre erreicht werden.

Perspektivisch sinkende Steuereinnahmen könnten den Koalitionären aber ihren Vorhabensschwung beeinträchtigen. Skeptiker sehen schon für 2020 eine Finanzierungslücke von über 700 Millionen Euro im Haushalt voraus.

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