Fortgesetzte Entmündigung

Fabian Lambeck über die geplanten Hartz-Reformen

  • Fabian Lambeck
  • Lesedauer: 2 Min.
Wer nun gehofft hatte, dass diese von der öffentlichen Hand betriebene Entmündigung mit den Reformen der SPD-Bundesarbeitsministerin endlich ad acta gelegt würde, der sieht sich nun getäuscht.

Eine Sanktion, so sagt es der Duden, ist eine Maßnahme, »die jemand als Druckmittel gegen eine Person oder ein Land einsetzt, um diese zu einem bestimmten Verhalten zu zwingen«. Während man auf internationaler Ebene etwa Iran sanktioniert, damit das Land sein Atomprogramm stoppt, überzieht man hierzulande Menschen mit Sanktionen, die keinen oder einen sehr schlecht bezahlten Job haben und deshalb Hartz-IV-Leistungen beziehen.

Diese Menschen werden per Gesetz für unmündig erklärt. Laut Definition ist unmündig, wer nicht in der Lage ist, selbst Entscheidungen zu treffen. Die Wahl des Arbeitsplatzes etwa ist eine solche Entscheidung. Wer sich dem Hartz-IV-System unterwerfen muss, hat diese Wahl nicht. Man nimmt ihm die Entscheidung ab und unterbreitet »Vermittlungsvorschläge«, die ihrem Charakter nach keine Vorschläge, sondern Befehle sind. Wer diese Arbeit nicht annehmen will, etwa weil sie mies bezahlt ist oder entwürdigend, der wird mit Sanktionen bestraft. Man stellt in Abrede, dass dieser Mensch mündig ist und selbstständig entscheiden kann.

Wer nun gehofft hatte, dass diese von der öffentlichen Hand betriebene Entmündigung mit den Reformen der SPD-Bundesarbeitsministerin endlich ad acta gelegt würde, der sieht sich nun getäuscht. Künftig sollen die Betroffenen die Kosten ihrer eigenen Entmündigung teilweise erstatten. Der autoritäre Ansatz mag sozialdemokratisch sein, der Leitgedanke aber ist neoliberal.

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