Hilde Domin

Frauen-Geschichte(n)

  • Martin Stolzenau
  • Lesedauer: 2 Min.

Sie hieß ursprünglich Hilde Löwenstein, war jüdischer Abstammung, lebte lange im Exil und gehörte nach dem Zweiten Weltkrieg zu den bekanntesten deutschen Lyrikerinnen. Sie offenbart sich in ihren Dichtungen als »politischer Mensch vom Scheitel bis zur Sohle«. Einige ihrer Gedichte wurden vertont. In Köln und Heidelberg tragen Schulen ihren Namen; ihr Geburtshaus in der Kölner Rieler Straße schmückt inzwischen eine Erinnerungsplakette. In Köln gibt es zudem einen Hilde-Domin-Park. Seit 1992 trägt der renommierte Preis »Literatur im Exil« ihren Namen.

Am 27. Juli 1909 als Tochter des Juristen Eugen Siegfried Löwenstein und der ausgebildeten Sängerin Paula Trier in wohlhabenden Verhältnissen geboren, genoss sie eine umfassende Bildung. Nach der Reifeprüfung am Merlo-Mevissen-Lyzeum studierte sie in Heidelberg und Bonn Jura, Nationalökonomie und Sozialwissenschaft. Zu ihren geistigen Ziehvätern gehörte der Philosoph Karl Jaspers. Im Oktober 1930 wechselte sie an die Berliner Universität, wo sie die handfesten Auseinandersetzungen mit den erstarkenden Nazis hautnah erlebte und in die SPD eintrat. Die Studentin las mit linken Gesinnungsfreunden Hitlers »Mein Kampf« und begriff, dass die Nazis das dort formulierte Programm auch zu realisieren gedachten. Mit ihrem jüdischen Kommilitonen Erwin Walter Palm ging sie nach Italien, wo sie in Rom weiter studierte und ihren Unterhalt durch die Erteilung von Deutschunterricht verdiente. 1936 heiratete sie ihren Freund.

Das junge jüdische Paar war auch im faschistischen Italien nicht sicher. 1939 flohen die beiden nach Großbritannien, wo sie zunächst im Londoner Stadtteil Hampstead lebten. Doch damit hatte ihre Flucht noch kein Ende. Zusammen mit Stefan Zweig emigrierten sie nach Kanada und von dort aus in die Dominikanische Republik. Hilde Palm unterrichtete an der Universität in Santo Domingo Deutsch. Nach dem Kriegsende und der Entfremdung von ihrem Mann griff sie zur Feder; sie fühlte sich als »Sterbende, die gegen das Sterben anschrieb«. Im Mittelpunkt ihrer Gedichte standen Exilerfahrungen, die sie unter dem Namen Hilde Domin mit Erfolg veröffentlichte.

1954 kehrten die Palms nach Deutschland zurück, ließen sich in Heidelberg nieder und pendelten oft zwischen der Bundesrepublik und Spanien. 1959 suchte ein bekannter deutscher Verlag eine Lyrikerin unter 50 Jahren. Hilde Domin änderte ihr Geburtsdatum leicht ab; der Lyrikband »Nur eine Rose als Stütze« begründete ihren Durchbruch. Es folgten weitere Gedichtbände, Romane und Essays, nebenbei war sie als Übersetzerin und Herausgeberin tätig. Sie erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter das Bundesverdienstkreuz und den höchsten Staatsorden der Dominikanischen Republik. Hilde Domin starb nach einer Operation am 22. Februar 2006 in Heidelberg.

Martin Stolzenau

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal
Mehr aus: