Prinzip Schnellverfahren

Bundestag behandelt Asylverschärfungspaket und Abschiebungserleichterungen

  • Uwe Kalbe
  • Lesedauer: 3 Min.
Als Schnellverfahren bringt die Koalition nun das Asylpaket II durch den Bundestag. Sein Ziel ist wiederum die Beschleunigung - von Asylverfahren und Ausweisungen.

Das als Asylpaket II bekannt gewordene Gesetzesvorhaben zur Beschleunigung der Asylverfahren durch Kappen von Rechtsstandards wurde am Freitag in Erster Lesung im Bundestag behandelt. Geplant sind unter anderem Registrierzentren für Flüchtlinge ohne Aussicht auf Anerkennung, die rücksichtslose Abschiebung auch schwer erkrankter Menschen und die Aussetzung des Familiennachzugs für syrische Kriegsflüchtlinge wie für Kinder, die ohne Eltern nach Deutschland flohen. Die Schnellverfahren können (sollen) vorzeitig beendet werden, wenn Delinquenten, als die die Flüchtlinge betrachtet werden, sich nicht kooperativ bei ihrer Abwicklung verhalten. Bundesinnenminister Thomas de Maizère (CDU) kündigte an, man werde mit »den Menschen härter umgehen, die nur behaupten, Schutz zu brauchen, aber in Wahrheit aus anderen Gründen nach Deutschland kommen oder mit Tricks oder falschen Angaben ihren Aufenthalt in Deutschland zu verlängern versuchen«. Abzusehen ist, dass diese Härte auch juristische Folgen haben wird, denn die Rechtslage erlaubt keine Abschiebung wegen Anlügens der Behörden. Entscheidend bleibt die Schutzwürdigkeit der Person, Lügen können dieser sogar geschuldet sein.

Im gesetzgebenden Bundestag blendete eine Mehrheit diese Tatsache am Freitag gleichwohl aus. Die angestrebten Schnellverfahren finden nach dem Eindruck der Flüchtlingsorganisation Pro Asyl im Gesetzgebungsverfahren gar ihre formale Entsprechung. Schon in der nächsten Woche soll der Bundestag darüber abstimmen. Geschäftsführer Günter Burkhardt erklärte: »Was nun an Verschärfungen im Schweinsgalopp durchgejagt wird, höhlt Flüchtlingsrechte auf Dauer aus.« Und Caritas-Generalsekretär Georg Cremer widersprach dem Argument unter anderem von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD), dass Deutschland sich auf diese Weise handlungsfähig zeige. »Auch wenn die große Zahl der Flüchtlinge den Handlungsdruck der staatlichen Stellen deutlich erhöht hat, ist es nicht akzeptabel, Standards im Asylverfahren in dieser Weise abzusenken«, so Cremer. »Das Asylpaket ist ein Paket von Grausamkeiten«, warf die Innenpolitische Sprecherin der LINKEN, Ulla Jelpke, der Koalition in der Debatte vor. Der Vize-Fraktionsvorsitzende der Grünen, Konstantin von Notz, sprach von »Abschiebungspopulismus«.

Handlungsfähig will sich die Bundesregierung auch mit einem weiteren Vorhaben zeigen, das am Freitag in Erster Lesung behandelt wurde. Es geht um die Absenkung der Hürden für die Ausweisung von Ausländern, die Straftaten verübt haben. Asylbewerber sollen das Land verlassen, wenn sie wegen bestimmter Delikte wie zum Beispiel Körperverletzung oder Vergewaltigung zu einer Haftstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt wurden - auch wenn diese auf Bewährung ausgesetzt ist.

Nicht behandelt wurde die Einstufung von drei nordafrikanischen Ländern als sichere Herkunftsstaaten. Dieses dritte Gesetzesvorhaben scheitert noch an Einwänden des grün-rot regierten Bundeslandes Baden-Württemberg. Im Bundesrat braucht die Bundesregierung dessen Zustimmung. Ministerpräsident Winfried Kretschmann verlangt im Gegenzug ein Bleiberecht für Ausländer, die schon länger in Deutschland geduldet werden - bundesweit angeblich 20 000 Betroffene. Mit Agenturen

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