Angeblich kein Beleg für Geheimdienstversagen
Potsdam. Brandenburg bekommt einen NSU-Untersuchungsausschuss. Die Opposition möchte es und die Koalitionsfraktionen sind einverstanden. In der Linkspartei war ein solcher Ausschuss schon länger gefordert worden. »Wir möchten nicht, dass wir in einer eventuellen Urteilsbegründung des Oberlandesgerichts München lesen können, dass wir mehr für Aufklärungsmöglichkeiten hätten sorgen können«, meinte CDU-Fraktionschef Ingo Senftleben. CDU und Grüne wollen schnell einen Fragenkatalog und den Untersuchungsauftrag formulieren. Ende April könnte der Landtag über die Einsetzung entscheiden. Auch die AfD und die Freien Wähler sind für den Ausschuss.Am Dienstag hatten im Münchner NSU-Prozess die Anwälte einer Familie, deren Sohn 2006 in Kassel von den NSU-Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt erschossen wurde, einen Beweisantrag vorgelegt. Darin halten sie dem brandenburgischen Verfassungsschutz vor, im Jahr 1998 die Festnahme von Mundlos, Böhnhardt und Beate Zschäpe vereitelt zu haben. Denn es habe Hinweise von einem V-Mann gegeben, dass sich das Trio bewaffnen und nach Südafrika absetzen wollte. Diese Informationen seien nicht ausreichend weitergeleitet worden, um die eigene Quelle zu schützen, so der Vorwurf.»Ich würde mich freuen, wenn wir diesbezüglich möglicherweise bei uns nicht vorliegende Dokumente zur Kenntnis erhalten«, sagte Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD). Ihm liegen keine Belege vor. Er könne deren Existenz aber nicht ausschließen, »weil gelegentlich Dokumente auftauchen, die bei uns nicht abgelegt sind«, so Schröter.Zu den Vorwürfen gegen den Verfassungsschutz zählt auch, er habe 1998 das Handy des V-Mannes »Piatto« eingezogen und nicht ausgewertet. »Das ist schwer vorstellbar, aber es ist heute schwer nachzuprüfen«, sagte Schröter. »Piatto« spähte Ende der 1990er Jahre die Neonaziszene in Chemnitz aus, wo damals die abgetauchten NSU-Terroristen versteckt wurden.SPD-Fraktionsvize Daniel Kurth sagte, der Verfassungsschutz habe nach bisherigem Kenntnisstand die relevanten Informationen zum NSU-Trio in andere Bundesländer übermittelt. Das habe leider nicht zur Ergreifung des Trios geführt. »Es ist jedoch verfehlt, die Verantwortung dafür Brandenburger Behörden zuzuweisen.« dpa/nd
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