Saudi-Arabien will Militäreinsatz gegen Jemen beenden
USA drängen auf Verhandlungen zwischen Golfstaat und rebellischen Huthi-Milizen / Luftangriffe gehen trotzdem weiter
Zehn Tage lang hatten Vertreter des saudischen Militärs und der jemenitischen Huthi-Milizen unter Ausschluss der Öffentlichkeit an unbekanntem Ort verhandelt. Am Ende einigte man sich auf Gefangenenaustausch, Öffnung der Land- und Seegrenzen für Hilfsgüter und ein Ende der Kämpfe in der Grenzregion.
Beide Seiten stehen unter immensem Druck. Bei Angriffen der Huthi-Milizen auf Ortschaften in Saudi-Arabien wurden bisher nach offiziellen Angaben mehr als 370 Menschen getötet. Im von den Milizen kontrollierten Gebieten rund um Sanaa bis zur saudischen Grenze fordern indes die örtlichen Stammesführer eine Einigung, um Hilfslieferungen zu ermöglichen. Die Huthi-Kämpfer sind stark auf die Unterstützung der örtlichen Bevölkerung angewiesen.
Doch die Hoffnung auf Entspannung zumindest in diesem Landesteil währte nur kurz. Am Dienstag kamen beim Luftangriff auf einen Markt in Mustabaa in Nord-Jemen mindestens 120 Menschen ums Leben. Ahmed bin Hassan al-Hasiri, Sprecher der von den USA unterstützten Militärallianz, weist die Schuld zurück. Die Bilder ließen nicht zwangsläufig darauf schließen, dass es ein Luftangriff war. Man werde die Angelegenheit »lückenlos« aufklären.
Kurz darauf kündigte er an, Saudi-Arabien werde die seit einem Jahr andauernden Militäreinsätze in Jemen beenden, ließ aber eine Hintertür offen. Man werde auch künftig zur Unterstützung des jemenitischen Militärs aktiv werden. Außerdem wolle man einen Plan für die langfristige Stabilisierung des Nachbarlandes entwerfen. Denn in Riad steckt man in einem Dilemma. Die Einsätze haben ihre Ziele offensichtlich nicht erreicht, doch eingestehen will man dieses Scheitern nicht. »Wir haben die Basis für Verhandlungen über die Zukunft des Landes geschaffen«, sagt Hasiri. In der Realität sieht das so aus: Ursprünglich sollten die iranischen Bemühungen, über die Huthi-Milizen an Einfluss in Jemen zu gewinnen, eingedämmt und die Regierung von Präsident Abed Rabbo Mansur Hadi gestützt werden. Wenn sich die Huthi-Kämpfer allerdings zurückzogen, übernahm meist nicht das Militär, sondern Al Qaida, der Islamische Staat oder eine Vielzahl von kleinen Brigaden die Kontrolle. Auch US-Außenminister John Kerry kündigte bei einem Besuch in Riad einen neuen Verhandlungsversuch an.
Doch die Hoffnungen auf Erfolg sind sehr gering. Mehrmals hatten die Vereinten Nationen sich um eine diplomatische Initiative bemüht und waren an der Masse der Beteiligten gescheitert. Auch daran, dass Präsident Hadi nicht einmal einen Teil seines Machtanspruchs aufzugeben bereit ist. Gleichzeitig ist der Einfluss seiner Regierung weiterhin auf einen kleinen Teil des Landes beschränkt, während iranische Militärs sich zuletzt am Donnerstag über die Nachrichtenagentur IRNA damit brüsteten, ganz ohne Militäreinsatz größeren Einfluss in Jemen erlangt zu haben als Saudi-Arabien. Wie groß der iranische Einfluss auf die Huthi-Milizen allerdings tatsächlich ist, ist fraglich.
Derweil gehen etliche Länder in der Militärallianz wegen der vielen zivilen Opfer auf Distanz, darunter auch die USA. In der vergangenen Woche klagten saudische Militärvertreter örtlichen Medienberichten zufolge, die Militär- und Geheimdienstvertreter der USA vor Ort gingen zurückhaltender mit Informationen um. US-Außenminister John Kerry beschwor indes bei einem Besuch in Riad die saudisch-amerikanische Partnerschaft und wurde dann sehr deutlich: Der Krieg müsse nun ein Ende finden. Zuvor hatte Präsident Barack Obama gesagt, Saudi-Arabien und Iran müssten lernen, in einem kalten Frieden als Nachbarn zusammenzuleben.
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