Im Keller wütet schon der Bagger

Das Kölner Funkhaus wird für die Sprengung präpariert

  • Katja Heins, Köln
  • Lesedauer: 2 Min.

Steil ragen die Türme in den Himmel. Es ist zugig rund um den verlassenen Gebäudekomplex. Bei einer Höhe von 138 Metern wirken hier Fallwinde ähnlich wie beim Kölner Dom, der aus den ehemaligen Studios in den oberen Stockwerken gut zu sehen ist. Mehr als drei Jahrzehnte produzierte die Deutsche Welle in den zwei Hochhäusern im Kölner Süden ihre Auslandsnachrichten. Im Frühjahr 2017 werden die Türme gesprengt. Nur zehn Sekunden soll es dauern, sie aus der Stadtsilhouette zu entfernen.

»Es ist wie bei einem Marathon«, sagt Bauingenieur Thomas Albers. »Alles fiebert auf diesen einen Tag hin. Und dann muss die Leistung punktgenau abgerufen werden.« Der Projektleiter überwacht den »Rückbau«, wie solche Vorhaben in der Baubranche genannt werden. Angesichts des Aufwands erscheint der Begriff zu harmlos. Die Türme sind Schätzungen zufolge mit 500 Tonnen Spritzasbest belastet - einer der Hauptgründe, warum die Deutsche Welle mit ihren 1000 Mitarbeitern 2003 auszog.

Für die Vorbereitung, die aufwendige Entkernung, den Abtransport des Asbests und die Sprengung des Rohbaus haben die Investoren, die 750 neue Wohnungen auf dem Gelände bauen wollen, knapp zwei Jahre eingeplant. Seit Juni laufen die Arbeiten. Noch sind in den Hochhäusern aber keine Schwarzbereiche eingerichtet worden: In diesen Zonen soll unter strengen Sicherheitsvorkehrungen die Asbest-Entsorgung beginnen. Dafür wird in den Etagen ein Unterdruck erzeugt, der verhindert, dass sich die Fasern über die Luft ausbreiten und nach außen dringen.

Im Inneren des blauen Büroturms sieht bereits alles nach Abbruch aus. Der einstige Empfangstresen steht noch, belegt mit einer zentimeterdicken Staubschicht. Drumherum: blanker Beton. Boden und Wandverkleidungen sind herausgerissen. Es ist feucht-kalt. Im Keller hört man einen Bagger wüten.

»Das Gebäude geht 14 Meter tief in die Erde. Die Sendeanstalt wurde in Zeiten des Kalten Krieges geplant und gebaut«, sagt Albers. »Die Haustechnik des Gebäudes war so ausgelegt, dass der Sendebetrieb bei äußeren Störungen von dort aus mehrere Monate aufrecht erhalten werden konnte.« Der Strom wäre aus Dieselaggregaten gekommen. Auch sie müssen raus, bevor die Gebäude aus 20 000 Kubikmeter Stahl und Beton gesprengt werden. Das alles geschieht in unmittelbarer Nähe zum Hochhaus des Deutschlandfunks. Nur 35 Meter liegen dazwischen.

Der große Knall wird voraussichtlich an einem Sonntag im März 2017 erfolgen. Aus Sicherheitsgründen muss im Radius von 200 Metern alles abgesperrt werden, mehrere Wohnhäuser sind zu evakuieren. Bis zu 50 000 Schaulustige erwartet die Stadt. dpa/nd

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