CSU-Parteitag: Bayerische Fleischtöpfe

CSU-Chef Söder sagt der AfD den Kampf an und wird mit mäßigem Ergebnis wiedergewählt

  • Rudolf Stumberger
  • Lesedauer: 4 Min.
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) war zu Gast beim Parteitag der Schwesterpartei CSU, die Markus Söder erneut zu ihrem Vorsitzenden gewählt hat.
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) war zu Gast beim Parteitag der Schwesterpartei CSU, die Markus Söder erneut zu ihrem Vorsitzenden gewählt hat.

»Die wollen an die Fleischtöpfe der Macht« – diese Erkenntnis über die AfD brachte am vergangenen Freitag der CSU-Vorsitzende und bayerische Ministerpräsident Markus Söder unter sein Parteivolk. Der Mann weiß, wovon er spricht. Seit mehr als 50 Jahren nehmen die Christsozialen im Freistaat diesen Platz an den Fleischtöpfen ein und teilen ihn nur äußerst ungern. So war auch dieser Parteitag der CSU am Münchner Messegelände der Routine des eigenen Machterhalts gewidmet, im kommenden Jahr stehen Kommunalwahlen im Freistaat an. Söder wurde mit einem relativ mageren Ergebnis von 83,6 Prozent als Parteivorsitzender wiedergewählt.

Diese Prozentzahlen sorgten für einen kleinen Sturm im Wasserglas der Medien, die »Bild«-Zeitung» schwang sich gar zur kühnen Behauptung einer «CSU-Krise» auf, doch alles Raunen und Meinen endete im nachrichtlichen Nebel, dass irgendwer irgendwo hinter vorgehaltener Hand irgendwas gesagt haben könnte. Auch die «Süddeutsche» meint in ihrem Kaffeesatz etwas von Unmut herauslesen zu müssen, der sich in der CSU breitmache, kommt dann aber zu dem Ergebnis «ohnehin gibt es niemanden, der oder die ihm die Führung streitig machen» würde.

Söder selbst lässt das Wahlergebnis und die Kommentare dazu an ihm abperlen, denn die «SZ» hat ja recht, wer sollte ihn derzeit in der Partei herausfordern wollen? Er nähert sich ikonisch – was vielleicht auf die Höhenluft der Ämter zurückzuführen ist – mittlerweile mit seiner neuen Bartfrisur ein wenig dem Outfit von Monarchen wie König Ludwig II. an. Aber in Bayern wird das Amt des bayerischen Ministerpräsidenten ja ohnehin quasi als Erbrecht der CSU angesehen.

Doch die Allmacht der Partei bröckelt und die Aufgabe des Parteivorsitzenden, den Machterhalt zu organisieren, ist nicht leichter geworden. Die AfD kommt in Umfragen in Bayern auf 19 Prozent, demgegenüber sind die Freien Wähler, mit denen die CSU aus ihrer Sicht lästigerweise koalieren muss, das kleinere Übel. Die CSU käme auf 40 Prozent. Wie auch sonst in Deutschland hat sich die AfD auch in Bayern als anhaltendes Phänomen entpuppt, das nicht über Nacht so einfach wieder verschwindet. Die Versuche der CSU, mit einer zunehmend verschärften Asylpolitik die Wähler der AfD wieder einzufangen, ist freilich bislang gescheitert.

So fährt Söder bei seiner Rede vor dem Parteitag auch einen klaren Abgrenzungskurs. Die AfD wolle ein anderes Land, einen autoritären Staat, den «Hofnarren Putins» müsse man zeigen, «wo der Hammer hängt». Zwar müsse man zwischen Funktionären und Wählern trennen, so Söder, doch mit der AfD werde es keine Zusammenarbeit geben. Die CSU werde nicht zum «Steigbügelhalter» wie in Weimar. Seien doch Radikale, freilich von links und rechts, auf dem Vormarsch, die «Zange von Weimar wachse» und die demokratische Mitte schmelze.

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Bei aller sonstigen und auf CSU-Parteitagen unerlässlichen Lobhudeleien auf den Freistaat kommt Söder allerdings nicht umhin, den irritierenden Zustand der Welt anzusprechen, die nun eine andere sei. Es seien unsichere Zeiten, «schwierig wie nie», die Angst vor sozialem Abstieg, vor Altersarmut und vor der Zukunft wachse: «Wir stehen in einer Krise», so Söder vor den Parteimitgliedern, «vieles steht auf tönernen Füßen».

Ihr Heil sucht die CSU ebenso wie die Bundesregierung in einer verschärften Migrationspolitik: «Wir schieben ab in Bayern!» Und das sei nur der erste Schritt. Ansonsten versprach der CSU-Chef die übliche besitztumswahrende Politik – «Erbschaftssteuer schützen» – und gab Rückendeckung für Friedrich Merz von der Schwesterpartei CDU.

Auch bei dessen Parteitagsrede am Samstag ging es um die Verfasstheit der Bundesrepublik. Es gebe halt «keine bessere Alternative» zur schwarz-roten Koalition, sagte der Bundeskanzler und CDU-Vorsitzende, er sei der festen Überzeugung, dass die Mitte des Landes die Probleme lösen könne. «Absolute Priorität» habe dabei die Förderung der Wirtschaft, auf dass diese wieder wettbewerbsfähig werde. Zwar müsse dabei das «Haus Bundesrepublik Deutschland» nicht neu gebaut werden, das Fundament sei stabil, aber es brauche eine grundlegende Sanierung und Modernisierung, das Land brauche «frische Luft». Söder betonte erneut den Schulterschluss mit der CDU und verzichtete bis auf kleine Anmerkungen zur SPD («Klassenkampf») auf bayerische Querschüsse nach Berlin, wie es jahrzehntelang üblich war.

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