Turbulenzen bei LINKEN und Grünen

Lübeck: Aus- und Übertritte in der Bürgerschaft

  • Dieter Hanisch, Lübeck
  • Lesedauer: 3 Min.

Mitten in der laufenden Wahlperiode gibt es im Stadtparlament von Lübeck - mit mehr als 200 000 Einwohnern immerhin zweitgrößte Stadt in Schleswig-Holstein - bedeutsame Veränderungen. Nach Aus- und Übertritten von Abgeordneten sowie der Neugründung von Fraktionen stellt sich die politische Landschaft neu dar. Hauptsächlich betroffen: Grüne und Linkspartei.

Das, was sich Ende vergangener Woche in der Hansestadt ereignete, darf getrost als Paukenschlag bezeichnet werden. Die Grünen verloren nach internen Querelen vier Mandatsträger in der Bürgerschaft, ihre Fraktion halbierte sich damit. Das abtrünnige Quartett gründete eine neue Fraktion, in die als fünftes Mitglied auch die bisherige LINKEN-Abgeordnete Antje Jansen wechselte. Durch ihren Abgang büßte die LINKE zunächst den Fraktionsstatus ein - als einziger Mandatsträger verblieb Ragnar Lüttke. Inzwischen bilden jedoch LINKE und Freie Wähler eine neue Fraktion.

Die Grünen waren mit acht Abgeordneten bisher drittstärkste Fraktion im Lübecker Stadtparlament - nach SPD und CDU. Im Gefolge der Neuaufstellung wird Platz drei nun die zu Wochenbeginn gegründete Fraktion mit dem Namen GAL einnehmen, was für Grün - Alternativ - Links steht.

Noch bleibt es offen, ob sich die GAL zu einer Partei oder zu Wählerinitiative entwickelt. Offen ist auch, ob das neue Modell auch andernorts für Grünen-Abgeordnete vom Fundi-Flügel, die mit der Landespartei unzufrieden sind, eine politische Alternative darstellt. Gesprächsstoff für die bevorstehenden Landesparteitage der Grünen in Neumünster und der LINKEN in Itzehoe - beide am 23. April - ist jetzt jedenfalls vorhanden.

Die abgewanderten Fraktionsmitglieder der Grünen haben sich besonders am Führungsstil in der Partei gestört, am Umgang miteinander in den eigenen Reihen. Auch bei den LINKEN war der Auslöser laut Antje Jansen mehr ein zerrüttetes Klima im Kreisverband als ein inhaltliches Gegeneinander. Jansen hat mit der Neuorientierung jedoch auch ihr Parteibuch abgegeben. Die Ex-Landeschefin der Grünen (1996/97) und spätere Landtagsabgeordnete der LINKEN nähert sich nun wieder ihren politischen Wurzeln: In der neuen GAL-Fraktion wurde sie zur Vorsitzenden gewählt.

Von den Lübecker LINKEN weg hat sich auch Jens Schulz bewegt, der ehemalige Landessprecher der Linkspartei. Er unterstützt nun die GAL. Der Lübecker Kreisvorstand der LINKEN forderte Jansen vergeblich auf, sein Mandat zurückzugeben.

Bei den Grünen hofft man nach Aussage der Lübecker Vorstandssprecherin Stephanie Göhler darauf, dass durch die Schwächung der Fraktion kein größerer Schaden entsteht. Die vier abgesprungenen Fraktionsmitglieder hätten, so Göhler, für das neu gebildete Politikmodell keine Wählerlegitimation.

Antje Jansen kündigt derweil an, das Abstimmungsverhalten der GAL an jeweiligen Inhalten auszurichten. Mit ihr werde es keine stringente Anti-SPD-Politik geben, sie sei eine Verfechterin wechselnder Mehrheiten. Seitens der Lübecker SPD wurden ebenfalls schon einmal größere Schnittmengen mit der GAL ausgemacht, während die CDU sich ein Heranrücken an die Grünen vorstellen könnte. In der Hansestadt war 2012 bereits ein rot-rot-grünes Bündnis gescheitert.

Das Stühlerücken im Lübecker Rathaus geht unterdessen weiter, da auch die Besetzung der Bürgerschaftsausschüsse vielfach neu geordnet werden muss.

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