Erst zwölf und schon Premier

Australischer Junge narrt die Onlinegemeinde

  • Barbara Barkhausen, Sydney
  • Lesedauer: 2 Min.

Kennen Sie Malcolm Turnbull? Das ist der offiziell amtierende Premier Australiens. Versuchte man dies aber Anfang der Woche im Netz zu recherchieren, wäre man auf ein ganz anderes Ergebnis gestoßen. Denn laut Wikipedia hatte Orley Fenelon aus Brisbane Turnbull abgelöst und war damit 30. Premierminister des Landes geworden.

Malcolm Turnbull wäre demnach nach nur 210 Tagen im Amt abgelöst worden. Grundsätzlich denkbar: Denn Australiens Politikszene ist für ihre Sprunghaftigkeit bekannt. In den vergangenen drei Jahren führten vier unterschiedliche Premierminister das Land. Doch diesmal hat ein Online-Coup das Land »überrollt« und etwa zwei Tage lang konnte sich Orley Fenelon auf dem »wackeligen Stuhl« des australischen Premierministers halten. Bis ein Journalist aus Canberra ihm auf die Schliche kam. Doch der Reporter Tom McIlroy nahm die Sache mit Humor und twitterte: »Herzlichen Glückwunsch Orley Fenelon, Australiens 30. Premierminister seit dem Wochenende.«

Theoretisch kann jeder Internetnutzer Einträge in der Online-Enzyklopädie erstellen. Den Umstand nutzte der Zwölfjährige, der sich als eher linksorientiert »outete« und jemand, der sich mit dem »demokratischen Sozialisten« Bernie Sanders der US-Demokraten identifiziert. Fenelon trug sich selbst in die Liste der Premiers ein und erstellte eine Wikipediaseite für sich. Bis auf den Umstand, dass er nicht Premier ist, versuchte der Junge aber bei der Wahrheit zu bleiben. So schrieb er in die Spalte »Alter zu Beginn des ersten Quartals«: »Ungefähr zwölf«.

Solche »Dreistigkeiten« kommen immer wieder vor und werden von den Wiki-Redakteuren regelmäßig gelöscht. Doch Orley Fenelon führte die Internetgemeinde zwei Tage an der Nase herum und baute schneller als gedacht eine Parallelrealität auf. Ein wenig Größenwahn, eine Portion Humor und gute Computerkenntnisse reichten dafür aus.

In einem Interview mit der Mediengruppe Fairfax Media verriet der junge »Ex-Premier«, dass er sich auch im echten Leben Gedanken über Politik macht. Wäre er tatsächlich Premier, so würde er viele Dinge »persönlicher und ein wenig normaler machen«, so würde er mit dem Fahrrad oder Zug zur Arbeit kommen. »Allein, indem man normaler ist, würde man vielleicht schon erreichen, dass sich mehr Leute für Politik interessieren«, sagte er. Er deutete an, dass er sich für die gleichgeschlechtliche Ehe einsetzen würde. Auch eine neue Flagge würde ihm für sein Land vorschweben, wie ein gold-grüner Entwurf mit Känguru-Silhouette und Sternen.

Eines hat der Junge, der sich auf Twitter mit LordoftheQs präsentiert, geschafft: Sein Name ist über Nacht in Australien bekannt geworden.

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