Die AfD von rechts überholen

900 Neonazis laufen gut behütet durch Dortmund

  • Marcus Meier
  • Lesedauer: 3 Min.

Es war eine Manifestation des Hasses: Gut 900 Neonazis liefen durch Dortmund, riefen zur Revolution auf und kündigten ein Ende des Friedens an. Sie blieben beinahe ungestört, dafür sorgte die Polizei. Für den Aufmarsch unter dem Slogan »Tag der deutschen Zukunft« hatte die rechte Szene bundesweit mobilisiert. Etwa 5000 Menschen demonstrierten gegen die Neonazis.

Die Rechten drohten mit »Bürgerkrieg«, wetterten gegen »dieses System«, das ein »Feind unseres Volkes« sei und ließen ihre T-Shirts sagen, dass ihnen die Bundesrepublik »völlig gleich« sei. Kurzum, sie brachten ihre äußerste Ablehnung Deutschlands zum Ausdruck, wobei sie die Grenze zum Hass mitunter überschritten. Sie riefen begeistert: »Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen«. Wollen sie etwa aus dem ihnen verhassten Deutschland emigrieren? Dieser Widerspruch fiel ihnen allerdings nicht auf. Denn natürlich meinten die allzu deutschen Deutschland-Hasser nicht sich selbst, sondern beispielsweise »die Antifa«, die sie nach Nordkorea wünschte.

Der Aufmarsch führte vom Stadtteil Dorstfeld, einem multikulturellen Viertel und zugleich Nazi-Hochburg, bis nach Huckarde, wo unlängst die Pläne für den Bau einer Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber nach Bürgerprotesten beerdigt wurden. Eine Manifestation des Hasses, trotz einiger, von den Nazis als schikanös empfundener, polizeilicher Auflagen. Zwar durften sie nicht »Deutschland den Deutschen, Ausländer raus« skandieren. Stattdessen riefen sie »Kriminelle Ausländer raus, alle anderen auch«, was inhaltlich auf das selbe hinausläuft.

Auch war es den Nazis offiziell untersagt, »Anne Frank war essgestört« zu schreien, doch »Wir kriegen Euch alle«-Rufe gegen potenzielle Nazi-Opfer blieben folgenlos. Nazis, die wegen Volksverhetzung vorbestraft sind, durften nicht sprechen. Sven Skoda allerdings konnte ans Mikrofon treten. Er wurde von der Partei »Die Rechte« als Düsseldorfer Spitzenkandidat für die letzte Europawahl nominiert, während er im Knast saß. Skoda kritisierte Pegida und die AfD von rechts. »Wir spazieren nicht für unsere Freiheit«, wetterte er gegen die aus seiner Sicht zu gemäßigte Konkurrenz im rechten Lager.

Die AfD sei »Teil des Systems« und »Rattenpack«, die Zeit für faule Kompromisse vorbei: »Ein Blut, eine Rasse: dies ist unser Land und das verteidigen wir mit allen Mittel«, rief Skoda. Und an all jene, die wegen ihres »falschen« Blutes aus Skodas Sicht keinen Platz mehr in Deutschland haben, richtete der Rheinländer auch eine Botschaft: »Packt Eure Koffer, es gibt keinen Frieden mehr«. Wenn schon Pegida rechts überholen, dann bitteschön richtig.

Die Polizei duldete die kaum verhohlenen Drohungen. Und das in einer Stadt, in der binnen weniger Jahre fünf Menschen von Nazis ermordet wurden, darunter auch drei Polizisten. Den polizeilichen Pressemitteilungen ließ sich entnehmen, dass ausschließlich Gegendemonstranten Probleme bereitet hätten. Ein Teil der Nazi-Gegner soll Flaschen, Steine und angeblich auch Brandsätze geworfen haben, so der Vorwurf der Polizei.

Der Neonazi-Aufmarsch verlief einigermaßen ungestört. Im Vorfeld hatte die Polizeiführung die rechte Demoroute verschwiegen, was effektive Proteste verhindern sollte und real verhinderte. Den 5000 Gegendemonstranten gelang es kaum, in Hörweite zu gelangen.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal