Haushaltsplanung praktisch: Weniger Fleisch, aber besseres

Das Bremer Parlament ringt um Qualitätsfleisch. Tausende Menschen fordern Produkte aus artgerechter Haltung in öffentlichen Kantinen

  • Alice Bachmann, Bremen
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Menschen in Bremen essen vergleichsweise wenig Fleischprodukte und donnerstags ist »Veggieday« in der Stadt. Eine Petition für besseres Fleisch könnte nun aber an den Kosten der Umstellung scheitern.

Weit über 5000 Menschen hatten eine Petition unterzeichnet, in der die Bremische Bürgerschaft aufgefordert wird, sogenanntes Billigfleisch aus öffentlichen Kantinen zu verbannen. Die Stadtbürgerschaft hatte das Thema im Januar diskutiert und an verschiedene Ausschüsse überwiesen. Der Fachausschuss Gesundheit hatte Anfang Mai über die Frage diskutiert und die Entscheidung vertagt. Jetzt bringt die Bremer Linksfraktion die Umstellung auf Fleisch aus artgerechter Haltung in der öffentlichen Gemeinschaftsverpflegung mit einem Paukenschlag wieder auf die politische Tagesordnung. Einer der 123 Änderungsanträge zum Haushaltsvorschlag der rot-grünen Koalition besteht in der Forderung, für die Umsetzung der Petition »Kein Billigfleisch in öffentlichen Kantinen« 1,84 Millionen Euro im Haushalt 2016/2017 einzuplanen.

Das Agrarpolitische Bündnis Bremen, zu dem unter anderen Brot für die Welt, die Diakonie Bremen, der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und die Bremer Erzeuger-Verbraucher-Genossenschaft gehören, hat den Bürgerantrag initiiert und konkrete Forderungen formuliert.

Zum einen soll innerhalb von sechs Monaten nach Beschlussfassung ein Plan vorgelegt werden, wie bis zum Jahr 2020 das Ziel erreicht werden kann, nur noch Tierprodukte aus artgerechter Haltung für öffentliche Verpflegung zu verwenden. Zum anderen soll bis dahin in der öffentlichen Beschaffung von Lebensmitteln der Anteil ökologischer Produkte bei mindestens einem Viertel liegen. Die Bremer Grünenfraktion betont ihre Unterstützung für die Petition und fordert zusätzlich, dass bis 2020 auch die Regel der Deutschen Gesellschaft für Ernährung Anwendung findet. In der heißt es, Kinder und Jugendliche sollten höchsten zwei Fleischmahlzeiten pro Woche zu sich nehmen.

Dass gerade in Bremen der Entscheidungsprozess für weniger und besseres Fleisch so zäh ist, liegt an den klammen Kassen. Ginge es nach Statistiken, hätte Bremen die besten Voraussetzungen Deutschlands für eine solche Umwälzung. Laut dem vom BUND herausgegebenen »Fleischatlas 2016« essen Bremerinnen 80 Gramm Fleisch und Wurst pro Tag und liegen damit am Ende der Skala. Der Fleisch- und Wurstkonsum der Männer an der Weser ist zwar fast doppelt so hoch, bewegt sich damit aber immer noch im Mittelfeld.

Spitzenreiter ist Bremen mit der Pro-Kopf-Anzahl an Verkaufsstellen für Produkte aus besonders tier- und umweltschonender Landwirtschaft. Und außerdem wird in der Hansestadt seit sechs Jahren geübt: 2010 wurde der Donnerstag zum »Veggieday« erklärt. Das bedeutet, dass in öffentlichen Kantinen, in Familien und Restaurants kaum Fleischgerichte auf den Tisch kommen.

Was allerdings die Umsetzung der Petition betrifft, gibt es das Bremer Problem, von dem auch die Grünen als Juniorpartner betroffen sind. Zwei Fragen sind zu klären: Was kostet die Abkehr vom Billigfleisch? Und wer bezahlt? Während die bekannte Köchin Sarah Wiener Radio Bremen gegenüber äußerte, die Umstellung werde das Essen pro Portion um 50 Cent teurer machen, geht die Bremer Uni Mensa von einer 50-prozentigen Preissteigerung aus. Die Bremer Grünen argumentieren, wenn nur noch einmal pro Woche Fleisch serviert würde, werde die Qualitätssteigerung nicht so teuer.

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