Viel Licht, etwas Schatten

Thüringens Theater kann sich gegen Kürzungspläne der Landesregierung durchsetzen

  • Sebastian Haak
  • Lesedauer: 3 Min.

Gemessen daran, wie heftig im rot-rot-grün regierten Thüringen in den vergangenen Monaten um die zukünftige Finanzierung der Kulturstätten und -betriebe im Land gerungen worden war, bricht nun ein wahres Gruppenkuscheln aus: Thüringens Kulturminister Benjamin-Immanuel Hoff (LINKE) bedankt sich vor allem bei den Kulturschaffenden fast schon überschwänglich dafür, dass sie ihre Interessen in den Verhandlungen mit ihm so hart vertreten hätten. Die Intendanten, aber auch Landräte und Oberbürgermeister geben die netten Worte artig zurück. Deutschlandweit werde im Kulturbereich gekürzt, sagt zum Beispiel Weimars Oberbürgermeister Stefan Wolf (SPD). Dass sich der Freistaat in Thüringer nun dazu durchgerungen habe, in Zukunft sogar mehr Geld als bisher für die Kulturförderung auszugeben, »dafür sind wir dankbar«.

Vor wenigen Wochen noch schien das, was nun an diesem Mittwoch in der Thüringer Staatskanzlei zelebriert wurde, ziemlich undenkbar. Nicht wenige Männer und Frauen, die der Thüringer Kultur zugeneigt sind, hatten Hoff immer wieder und gerne auch öffentlich vorgeworfen, die vielgliedrige Thüringer Theater- und Orchesterlandschaft zerstören zu wollen.

Die wesentlichen Zahlen der erzielten Einigung sehen so aus: Gibt der Freistaat aus seinem Haushalt im laufenden Jahr noch etwa 67 Millionen Euro an institutioneller Förderung für die Theater und Orchester aus, steigt dieser Betrag bis zum Jahr 2021 auf knapp 77 Millionen Euro an. »Und das in einer Zeit, in der der Landeshaushalt abschmilzt«, sagt Hoff. Der Freistaat trägt damit nach Angaben der Staatskanzlei 60 Prozent der institutionellen Förderung der Theater und Orchester. Die anderen 40 Prozent kommen im Wesentlichen von den Kommunen.

Ein Kompromiss, den die Kulturstätten für diese Einigung in Kauf nehmen müssen, ist eine oft noch stärkere Kooperation der einzelnen Häuser untereinander als bislang. So wird in Zukunft zum Beispiel das Theater Erfurt eng mit dem Deutschen Nationaltheater (DNT) Weimar arbeiten - als jeweils eigenständige Institution unter einem gemeinsamen Holding. Ein Abbau von Stellen im Kulturbereich wird zudem trotz der Ausgaben-Steigerung auch in Thüringen nicht völlig ausbleiben. An einzelnen Standorten sollen mit dem altersbedingten Ausscheiden etwa von Musikern deren Stellen nicht nachbesetzt werden.

So sehr sich nun aber alle in Harmonie üben, so sehr bleiben doch - wie das bei Kompromissen so ist - für jeden Einzelnen auch Details der Einigung, die für ihn oder sie eine kleine Niederlage bleiben. Hoff bekennt zum Beispiel, er bedauere es, dass es nicht für alle Kulturstandorte gelungen sei, die dort Beschäftigten in den jeweiligen Flächentarifvertrag zu holen. Indem Mitarbeiter der Kulturbetriebe schon in der Vergangenheit auf Einkommen verzichtet hätten, habe es eine »Umverteilung in der Klasse« gegeben. »Das ist etwas, das man als politisch Linker nicht zwingend begrüßen muss«, sagt er. Auch, dass sich noch nicht alle Landkreise an der Finanzierung von Theatern in ihrem Einzugsbereich beteiligten, bleibe auf der Soll-Seite der Rechnung. Kommentar Seite 4

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