Eine Linie für Nachtschwärmer

Wer spät nachts in Regensburg unterwegs ist, kann bisher nicht darauf zählen, per Bus nach Hause zu kommen. Das soll sich nun ändern

  • Johannes Hartl
  • Lesedauer: 3 Min.
Jahrelang engagierten sich viele Regensburger für die Einführung eines Nachtbus-Angebots im Öffentlichen Personennahverkehr - nun hat der Stadtrat grünes Licht für einen einjährigen Testbetrieb gegeben.

Feiernde Regensburger hatten in der Innenstadt bislang einen schweren Stand. Weil die meisten Lokalitäten bis vier Uhr morgens geöffnet haben, der letzte Bus im Rahmen des »Nachtschwärmer«-Angebots jedoch um 1.15 Uhr abfuhr, mussten viele von ihnen stundenlang auf die Wiederaufnahme des regulären Fahrbetriebs um 05.30 Uhr (Samstag) bzw. um 06.30 Uhr (Sonntag) warten. Das wiederum führte zu Lärm, Störungen in der Innenstadt und »katastrophale« Zustände rund um den Hauptbahnhof, berichtete Ludwig Simek. Der Grünen-Politiker gründete im Sommer 2013 mit der damaligen Piraten-Stadträtin Ewa Schwierskott-Matteson das Bündnis »Nachtbus für Regensburg« und warb in den folgenden Monaten intensiv für die Einführung eines solchen Angebots durch den Regensburger Verkehrsverbund (RVB).

Für ihre Forderung erhielten Simek und Schwierskott-Matteson bald viel Zuspruch - und als Reaktion auf die Popularität eines Nachtbusses ließen Grüne, FDP und Piraten bei der Regierungsbildung mit SPD und Freien Wählern dessen Umsetzung in den Koalitionsvertrag schreiben. Dort verpflichten sich die Parteien, im Jahr 2015 einen einjährigen Probebetrieb durchzuführen - auch wenn der RVB den Nachtbus mit einem Kosten-Nutzen-Argument ablehnte. Dann aber geschah monatelang nichts und die Debatte um die Einführung kam fast zum erliegen.

Erst Anfang 2016 geriet das Thema durch ein Interview der städtischen Pressesprecherin wieder in den Fokus der Aufmerksamkeit. In dem Gespräch mit dem Online-Portal kult.de verkündete Juliane von Roenne-Styra das Ergebnis einer Fahrgastumfrage, der zufolge ein Nachtbus nicht erforderlich sei. »Da das Umfrageergebnis eine hohe Zufriedenheit zeigte«, so Roenne-Styra, »wurde vom Aufsichtsrat des RVB beschlossen, das Thema ›Nachtbus‹ nicht weiter zu verfolgen«. Bei den drei Koalitionspartner und der Initiative war die Empörung nach diesem Interview groß - schließlich käme der Entschluss einem Bruch des Koalitionsvertrags gleich.

Nachtbus-Initiative ist zufrieden

Doch inzwischen, einige Monate später, hat ein erneuter Kurswechsel stattgefunden. Nach Gesprächen mit Jugendverbänden zeigte sich Oberbürgermeister Joachim Wolbergs (SPD) selbst von der Notwendigkeit eines Nachtbusses überzeugt und verkündete Ende Mai die Umsetzung des Testbetriebs. Das neue Angebot soll pünktlich zum Semesterbeginn Mitte Oktober eingeführt werden und aus fünf Linien bestehen, die am Wochenende je einmal pro Stunde zwischen 00.30 Uhr und 4.30 Uhr im Stadtgebiet verkehren. Für den zunächst befristeten Probebetrieb, der mit den herkömmlichen Fahrpreisen zu nutzen ist, muss der RVB ca. 175 000 Euro investieren und pro Schicht sieben Mitarbeiter einsetzen.

Bei der Initiative »Nachtbus für Regensburg« ist man mit dem Probebetrieb zufrieden - sofern er diesmal tatsächlich durchgeführt wird. »Das jetzige Angebot zur Erprobung übertrifft unsere Erwartungen bezüglich der geplanten Dichte«, sagte Simek dem »neuen deutschland«. Auch ist er mit den Fahrzeiten und den Haltestellen im Wesentlichen einverstanden - obwohl sich die Initiative noch über die Berücksichtigung einiger »Endpunkte in größeren Gemeinden« gefreut hätte. Jetzt will das Bündnis erst einmal den Testbetrieb abwarten und »aufmerksam begleiten«. Im Oktober 2017, nach einem Jahr Test, dürfte dann ein erstes Fazit zu erwarten sein.

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